Lass mich gesund nach Accra kommen
Mit Dir, o Herr,
will ich mich in den Wagen setzen,
der mich jetzt nach
Accra bringen soll.
Die Straße ist ja
jetzt ganz gut,
und die Autos sind
auch besser als die alten Mammytrucks.
Aber dafür rasen
die Fahrer
auch jetzt wie die
Irren über die Piste.
Halte den Fuß des
Fahrers am Gaspedal.
Lass ihn langsam
fahren
und nicht zum
Mörder an anderen Menschen werden.
Lass mich gesund
nach Accra kommen
und lass mich dort
richtig meinen Auftrag erfüllen.
Bringe mich wieder
sicher an meinen Platz zurück,
wenn es Dein Wille
ist.
Gelobt seist Du,
Gott Vater, Gott
Sohn, Gott Heiliger Geist.
Amen
Fritz Pawelzik: Ich werfe meine Freude an den
Himmel.
Gebete aus Afrika. R. Brockhaus, 1992, S. 41
„Ich sah die Frauen in ihren bunten Kleidern, die vielen
Kinder vor den niedrigen Lehmhütten. Alles faszinierte mich. Auf mein Bitten
hin stoppte George auch hier den Wagen, fragte die Frauen für mich, ob ich ein
Bild von ihnen machen dürfe. Stets gab es zuerst einen kleinen Wortwechsel, den
ich nicht verstand, erst Georges „Sie ist das erstemal in Afrika“ brachte die
Menschen dazu, mir aufmunternd zuzunicken.
Doch je mehr ich fotografierte,
desto schweigsamer war George geworden. Schließlich fragte er: „Nimmst du die
Bilder alle mit nach Deutschland?“
„Natürlich, ich will mir
die Fotos ansehen, wenn ich wieder zu Hause bin“, antwortete ich.
„Und du wirst sie anderen
Leuten zeigen, schlecht über uns reden und sagen: „Seht mal, die armen
Afrikaner haben Löcher in den Hemden und keine Schuhe an, sie müssen barfuss
gehen!“ Oh, ich weiß das, Freunde, die in Europa waren, haben mir das erzählt.“
Wie viel Bedeutung George in jedes Wort legte!
Seht, so leben die Ghanaer,
das wollte ich tatsächlich sagen, aber auch: So verschieden ist das Land von unserem,
solche Farben hat es, so sehen die Menschen aus. Wie sollte ich das George
erklären!
„Ich werde dein Land
niemals schlecht machen, George. Ich mag dein Land schon jetzt, obwohl ich es
noch kaum kenne“, sagte ich. „Aber ich möchte nicht vergessen, was ich auf der
Reise gesehen habe, darum mache ich die Fotos.“
Anneliese
Schwarz: Akuabo – sei willkommen! dtv
1990, S. 14 f.
"Wenn die Ehe eine
Erdnuss wäre..."
Im Europa des
19. Jahrhunderts begannen viele Fotografen als Porträtmaler, in Westafrika als
Schneider. Beide sind gute "Imagemacher", versiert im Entwerfen
äußerer Erscheinungen: "Kleider machen Leute!"
In Ghana gibt
es eine lange Tradition, sich durch Stoffe an bestimmte Ereignisse zu erinnern.
Diese Erinnerungen werden durch Fotografien "der zweiten Haut" des Menschen
unterstützt. Schließlich wird das Fotoalbum zu einer Art dritten Haut, zur
Bilderhaut der Kleidungsstücke des Einzelnen.
Besonders
Frauen lassen sich gerne mit neuen Kleidungsstücken fotografieren. Das Fotoalbum
wird dann zu einer Art Kleider-Tagebuch in Bildern. Dadurch wird der soziale
Status der Männer, die ihren Frauen prachtvolle Kleidung ermöglichen, noch verstärkt.
Beerdigungen
sind im südlichen Ghana ein häufiger Anlass, ein Fotostudio aufzusuchen. Der
Akt des Fotografiert-Werdens stellt für die Angehörigen eine Passage im
Totenritual dar, eine Art Rückkehr in den Alltag nach Bewältigung der Krise,
die der Tod verursacht hat. Die Fotografie ist eine Möglichkeit, die erfahrene
Traurigkeit als "abgespaltene Erinnerung" im Bild vor Augen zu haben.
Oftmals wird für Beerdigungen oder andere
gesellschaftliche Anlässe ein bestimmter Stoff für die Mitglieder einer
Großfamilie oder einer Gruppe festgelegt; eine Art "Stoff-Motto".
Durch Stofffarbe und -muster verbunden, sich der Solidarität der anderen versichernd,
geht man durch die soziale Krise oder gibt seiner Freude Ausdruck.
"In den
gleichen Stoff gewandet" setzt man sich auch für gemeinsame Ziele ein, zum
Beispiel für ein Straßenkinderprojekt der Frauenhilfe. Als Zeichen des Erfolgs
wird anschließend ein Foto gemacht, auf dem das Individuum zugunsten der Gruppe
zurücktritt.
Die Tradition
des "Stoff-Mottos" gilt insbesondere für die bedruckten ghanaischen Adinkra-Stoffe. Adinkra bedeutet "Auf-Wiedersehen-sagen", und jedes
Stoffmotiv hat seine eigene Bedeutung. Beinahe alle Stoffe tragen Namen. Ihr
Erfolg und Absatz hängen weitgehend davon ab, ob sich die Träger mit der
Botschaft des Stoffes identifizieren können. Stoffmuster sind visuelle Codes,
mit ihnen lässt sich "anders sprechen" und Bezug nehmen auf die
vielen Sprichwörter und Redensarten, die allgemeine Lebensweisheiten vermitteln.
Die Frau von
General E. Kotoka, der 1966 den ersten Präsidenten Ghanas, Kwame Nkrumah,
entmachtete, zitiert in einem Stoffmuster das Sprichwort: "If marriage
would be a groundnut, we would open it before and look inside." (Wenn die
Ehe eine Erdnuss wäre, würden wir sie vorher öffnen und hineinschauen.)
Wegen der
hohen Kosten für die alten Adinkra-Stoffe
bevorzugen die meisten Ghanaer heute industriell gefertigte Stoffe.
Die
Fotografie in Ghana verkörpert beides:
Die Realität der
Illusion und die Illusion der Realität
In den kleinen
Fischerorten Ghanas, auch in Teshie, gehen die Menschen ins Studio des
Fotografen, um im neuesten Kleid, mit einem alten Freund, anlässlich der
Hochzeit oder eines anderen Ereignisses fotografiert zu werden. So bleiben die
Fotografierten für alle Zeit im Gedächtnis ihrer Mitmenschen. Später werden
diese Fotos vielleicht für die Schaffung einer Grabstatue oder eines großen
Bildes auf dem Grabstein benötigt.
Dabei soll das
Foto kein Abbild der Realität schaffen, sondern eher den Menschen wiedergeben,
wie er gesehen werden möchte. Auf ihn, den Menschen als Individuum, in der
Gruppe der Familienmitglieder, guter Freunde oder Gleichgesinnter, kommt es an.
Fotos sind wichtig für den Einzelnen. Jeder möchte so oft wie möglich
fotografiert werden und hofft auf einen Abzug der Bilder.
Besonders die
Porträtfotografie hat eine lange Tradition in Ghana. Ursprünglich waren es wohl
die Bilder der Kolonialherren, die den Wunsch weckten, so „schön“ auch verewigt
zu werden. Zudem war das Fotografieren außerhalb der Studios bis in die neunziger
Jahre weitgehend untersagt. So ist es verständlich, dass auch heute noch die Menschen
in Ghana gerne für Fotos posieren und von jedem, der eine Kamera besitzt, erwarten,
ein „schönes“ Foto zu machen.
Den Wunsch „Snap me one“ (mach ein Foto von mir)
konnten wir meistens nicht abschlagen und so machten wir viele Fotos, die
unsere Freunde sehr schön finden, die uns unsere Freunde näher brachten, die
uns ihre Welt zunehmend verstehen ließen, die die Realität der Illusion zeigen
und Illusion der Realität bleiben.
Westafrika
erstreckt sich von der Atlantikküste im Westen bis zum Tschad-See im Osten und
wird im Norden von der Sahara begrenzt. Im Süden erstreckt es sich bis zum Golf
von Guinea.
Wichtigster
Fluss ist der Niger, der Westafrika in einem riesigen Bogen durchfließt und im
sogenannten Niger-Becken (Mali) ein "Binnendelta" bildet. Den Flüssen
Senegal und Volta kommt für die Bewässerung Westafrikas große Bedeutung zu.
Charakteristisch für die Landschaft der Sahel-Sudan-Zone
sind große Becken und endlos weite Ebenen innerhalb verschiedener
Plateaulandschaften von unterschiedlicher Höhe (500-800m). Entlang der gesamten
Atlantikküste (Senegal bis Nigeria) bestimmen Mündungsgebiete von Flüssen sowie
Lagunen das Landschaftsbild. Es gibt nur wenige natürliche Häfen. Die meisten
wurden in den letzten Jahrzehnten künstlich angelegt, z.B. Cotonou (Benin),
Lome (Togo), Takoradi und Tema (Ghana), Abidjan (Elfenbeinküste).
In der
nördlichen Sahel-Sudan-Zone und in der Sahara herrschen weite Sanddünenmeere
vor. Die Wüste EI Dlouf (Mauretanien), die weit nach Mali hineinragt, sowie die
Tene're-Wüste und der Erg von Bilma (beides Republik Niger) zählen zu den
bekanntesten Sandmeeren.
Das Staatsgebiet grenzt im Norden und Nordwesten an Burkina Faso, im
Osten an Togo, im Süden an den Golf von Guinea und im Westen an die
Elfenbeinküste. Die ehemalige britische Kolonie (Goldküste) war das erste afrikanische
Land südlich der Sahara, das unabhängig wurde (1957). Das Land ist nach dem
ehemaligen, weiter im Landesinneren angesiedelten Königreich „Ghana“ benannt,
aus dem die Vorfahren der heutigen Bewohner eingewandert sind.
Die Gesamtfläche Ghanas beträgt 238.537 Quadratkilometer (dies
entspricht fast der Fläche der alten Bundesländer). Die größte Stadt und
bedeutendes Handelszentrum ist Accra, die Hauptstadt Ghanas (1,9 Millionen
Einwohner). Kumasi (385.000 Einwohner) ist die Hauptstadt der Ashanti Region. Der künstlich angelegte
Hafen von Sekondi-Takoradi (94.000 Einwohner) ist der erste moderne Hafen des
Landes. Weitere wichtige Städte sind Tamale (150.000 Einwohner), Tema (110.000
Einwohner) und Cape Coast (57.000 Einwohner).
Ghana hat tropisches Klima, aber die Temperaturen variieren mit der Entfernung
von der Küste und der Höhenlage. Außer in den nördlichen Landesteilen gibt es
zwei Regenzeiten (April-Juni und September-November). Die jährlichen
Niederschläge erreichen im Norden 1.015 Millimeter und im Süden 2.030 Millimeter.
Der Harmattan, ein trockener Wüstenwind, bläst von Dezember bis März
aus Nordosten. Er mindert die hohe Luftfeuchtigkeit und bringt heiße Tage und
kalte Nächte im Norden. Im Süden ist der Einfluss des Harmattans im Januar
spürbar. In den meisten Gegenden werden die höchsten Temperaturen im März, die
niedrigsten Temperaturen im August gemessen. Die jährliche Durchschnittstemperatur
liegt bei 26,1 °C.
Große Teile der Pflanzenwelt Ghanas wurden durch Rodungen für
landwirtschaftliche Zwecke zerstört. In der tropischen Regenwaldzone im Süden
gibt es aber noch immer große Bestände an Kapokbäumen, Khayas (Afrikanischer
Mahagoni) und Bossebäumen (Guareaspp.). Der Norden des Landes wird von Grasland
mit vereinzelten Bäumen bedeckt. Auch die Anzahl der in Ghana lebenden Tiere
hat insbesondere im Süden stark abgenommen, aber es blieb eine Vielzahl von
Arten erhalten, darunter Leoparden, Hyänen, Büffel, Elefanten, Waldschweine,
Antilopen und Affen. An Reptilien findet man Kobras, Pythons, Puffottern und Nashornvipern.
Die Bevölkerung Ghanas setzt sich aus über 50 ethnischen Gruppen zusammen,
die vorwiegend Landwirtschaft betreiben und auf Gehöften oder in kleinen
Dörfern leben. Ghana hat etwa 16,9 Millionen Einwohner, woraus sich eine Bevölkerungsdichte
von 71 Einwohnern pro Quadratkilometer ergibt. Die am dichtesten besiedelten
Teile des Landes sind die Küstengebiete, das Ashanti-Hochland im
südlich-zentralen Teil und die beiden großen Städte Accra und Kumasi. 70
Prozent der Gesamtbevölkerung leben in der südlichen Hälfte des Landes.
Die zahlenmäßig stärksten ethnischen Gruppen Ghanas gehören den Akan
an. Hierzu gehören die an der Küste lebenden Fanti und die in Mittelghana
angesiedelten Ashanti. Die Nzima leben im Südwesten. In der Ebene um die Stadt
Accra wohnen die Ga. Die meisten Bewohner der nördlichen Landesteile gehören
zur Mosi-Dagomba-Gruppe der Volta-Völker und zur Gonja-Gruppe.
Alt und Neu, Tradition und Moderne liegen immer
wieder ganz nah beieinander. Damit entsteht auch ein besonderes Spannungsfeld
für die Menschen in Ghana. Alle fortschrittliche Technologie ist in Ghana
bekannt und das meiste davon auch zu erhalten, so Computer, Fax, e-Mail und
Unterhaltungselektronik. Doch hiervon sich etwas zu leisten vermag nur, wer
über das nötige Geld verfügt. Zu Alt und Neu, Tradition und Moderne kommen Arm
und Reich. Wir erlebten eine Geburtstagsfeier einer Ghanaerin, die lange in
Nordamerika gelebt hatte, mit einer professionellen Musikanlage, die nur zum
Gebet etwas leiser gedreht wurde. Wenige Straßen weiter schlief ein Mann auf
schmutzigen Betonschalbrettern in einem Hauseingang.
Englisch ist Amtssprache und Unterrichtssprache. 1962 wählte die
Regierung jedoch neun Nationalsprachen aus, die seither neben Englisch und
Französisch im Schulwesen eingesetzt werden: Akuapem-Twi, Asante-Twi, Dagomba,
Dangbe, Ewe, Fanti, Ga, Kasem und Nizima. Dieses sind eigenständige Sprachen,
die sich zum Teil stärker voneinander unterscheiden, als z. B. Englisch,
Französisch und Deutsch. Darüber hinaus gibt es in Ghana noch über 80 Dialekte.
Ein Fünftel der Bevölkerung sind Anhänger
traditioneller Religionen. 63 Prozent sind Christen (Katholiken, Anglikaner,
Methodisten und Presbyterianer). Sie leben vorwiegend in der Küstenregion. Die
Muslime (16 Prozent) sind mehr in den nördlichen Landesteilen angesiedelt.
„Die Freude der Leute und die zündenden Rhythmen hatten mich
schließlich angesteckt, mich auch zu erheben und mich in die zum Altar
tanzenden Menschengruppen einzureihen, den Cedischein in der Hand schwenkend,
als die am Wochentag Mittwoch geborenen Frauen aufgerufen wurden. Wie alle
anderen ließ ich den Geldschein in die bereitgestellte große Waschschüssel
fallen und tanzte hüftenschwenkend wieder auf meinen Platz zurück.“
A. Schwarz: Akuabo – sei willkommen! Reise in
ein Dorf in Ghana. dtv 1990, S. 91
„Ist das, was ich heute miterlebe, überhaupt
afrikanisch? Oder haben es die europäischen Missionare den Ghanaern hier im
Busch einfach übergestülpt, das Trauern um Jesus, das Singen von langsamen,
unendlich traurigen Liedern? Ich habe keine Antwort.“
Medien
Hörfunk- und Fernsehanstalten sind staatlich; inländische Radioprogramme
werden in Englisch sowie in vielen afrikanischen Sprachen gesendet. Der
Auslandsdienst verbreitet Programme in Englisch, Haussa und Französisch. 1965
wurde eine Fernsehanstalt eingerichtet.
Der Schulbesuch ist unentgeltlich. Es besteht Schulpflicht für die
sechsjährige Grundschule und die dreijährige Sekundarschule. Ghana hat drei
wissenschaftliche Hochschulen mit insgesamt 9.000 Studenten: (1) die University
of Ghana (seit 1948) in Accra, (2) die University of Science and Technology
(seit 1951) in Kumasi und (3) die University of Cape Coast (seit 1962). Ein
staatliches Berufsausbildungssystem gibt es nicht.
Eine Mutter trägt ihr Baby in einem großen Tuch
sicher auf ihrem Rücken befestigt. Auf diese Weise bleiben die Hände der Mütter
frei, um andere Dinge zu tragen, die Haus- und Feldarbeit zu erledigen oder auf
dem Markt Fisch, Obst und Gemüse zu verkaufen.
Überall auf der Welt spielen Kinder. Fertig
produziertes Spielzeug aber können sich in Ghana nur wenige Familien leisten.
Daher bauen sich die Kinder ihre Spielzeuge selber. Sie verwenden hierzu
Zeitungspapier, Bindfaden, Holzstücke, leere Blechdosen, Ton und Steine. So
entstehen aus einfachen Mitteln ein Drachen oder ein Auto, Werke, auf die ihre
Erbauer zu Recht sehr stolz sein können und mit denen sie viele Stunden
intensiv spielen werden.
„Zuerst kam die Morgenzeremonie! Die Schüler der
kleinen Grundschule stellten sich auf dem gefegten Schulhof in Zweierreihen
auf. Nachdem ein Junge stolz gegen die Felge eines Autorads geschlagen hatte,
wurde die ghanaische Flagge gehisst, Mit einer Hand auf dem Herzen sprachen sie
dann einen langen Text in englischer Sprache, von dem ich mir nur: „my
Ghanaland, my motherland“ merken konnte.“ Während die Schüler aufgereiht
dastanden, suchte ich vergeblich nach ihren Büchertaschen. Keine Hefte, keine
Bücher wurden von den Kindern zur Schule getragen. Das einzige, was sie neben
der ausgewaschenen braunen Schuluniform als Schüler auswies, war der kurze Bleistift,
der im Haar oder hinter dem Ohr steckte.“
A. Schwarz: Akuabo –
sei willkommen! Reise in ein Dorf in Ghana. dtv 1990, S. 112
„Die Lehrer hatten gerade ihr schmales Monatsgehalt
von der Regierung bekommen, es reicht höchstens für zwei Wochen zum Leben, wenn
man keine besonderen Ausgaben hat. Alle müssen sich noch nach anderen
Verdienstmöglichkeiten umsehen, sonst können sie ihre Familien nicht ernähren.
Jedes Mal wenn es Geld gibt, regen sie sich wieder darüber auf und diskutieren
ihre Lage.“ A. Schwarz: Akuabo –
sei willkommen! dtv 1990, S. 104
„Rose, wenn du einverstanden bist, gehe ich morgen und auch die nächsten Tage zu deinen Schülern in die Schule und male und rechne und mache Englisch mit ihnen, so gut ich eben kann. Dann bist du frei für die Arbeit auf der Farm. Du kannst pflanzen und brauchst dir um die Schüler keine Sorgen zu machen.“ Rose fasste mich bei den Schultern und drückte mich an sich. An meiner Wange spüre ich ihre heiße Haut, ihre weichen Lippen. Ihr Körper riecht nach Erde und Schweiß. Sie spricht leise zu mir und ihre Worte beschämen mich, nisten sich tief in mein Gedächtnis ein: „Du versuchst, unser Leben zu verstehen!“
A. Schwarz: Akuabo – sei willkommen! dtv 1990,
S. 121
Von 1972 bis 1979 stand Ghana unter der Kontrolle eines militärischen
Rates. 1979 wurde eine Verfassung verabschiedet, die einen vom Volk gewählten
Präsidenten, ein direkt gewähltes Parlament und eine unabhängige Justiz unter
Vorsitz eines Obersten Gerichtshofes vorsah. Bei dem Staatsstreich vom 31.
Dezember 1981 wurde die Verfassung von 1979 vorübergehend außer Kraft gesetzt.
Der Provisorische Nationale Verteidigungsrat (Provisional National Defence
Council) regierte dann bis 1992, als in einem Volksentscheid eine neue
Verfassung gebilligt wurde. Mit dieser Verfassung wurde in Ghana ein
Mehrparteiensystem eingeführt. Das Verbot der politischen Parteien wurde
aufgehoben, und am 7. Januar 1993 wurde die IV. Republik proklamiert. Alle vier
Jahre finden Parlamentswahlen statt. Auch der Präsident wird für eine Amtszeit
von vier Jahren gewählt. Der Premierminister, der Parlamentsabgeordneter sein
muss, wird vom Präsidenten ernannt.
Ghana ist in zehn Regionen gegliedert: Northern, Eastern, Western, Central, Upper East, Upper West, Volta, Ashanti, Brong-Ahafo und Greater Accra. Diese Regionen sind in 110 Verwaltungseinheiten (Distrikte) unterteilt.
Das Wappen
Ghanas besteht aus einem goldgefassten Schild, das durch ein grünes Kreuz des
Heiligen St. Georg in vier Sektoren unterteilt ist. Der Stab des königlichen
Sprechers und ein Zeremonienschwert auf blauem Untergrund oben links stehen für
die lokale Verwaltung. Das Schloss am Meer vor hellblauem Hintergrund oben
rechts steht für die nationale Regierung, deren oberster Vertreter noch heute
seinen Amtssitz in diesem Schloss am Atlantischen Ozean in der Hauptstadt Accra
hat. Der Kakaobaum unten links und der Förderturm eines Goldbergwerkes unten rechts stehen für den natürlichen Reichtum
des Landes.
Der goldene Löwe im Zentrum deutet die Verbindung
zwischen Ghana und dem Commonwealth an. Über dem Wappenschild leuchtet ein fünfstrahliger
mit Gold eingefasster schwarzer Stern: der Leitstern oder das Vorbild der
afrikanischen Unabhängigkeit. Dieser
Stern steht auf einem rot-gold-grünen Kranz. Das Staatsmotto lautet: Freiheit
und Gerechtigkeit. Zwei goldfarbene Adler halten das Wappen. Jeder trägt einen
schwarzen Stern an einem Band in den ghanaischen Farben: rot, gold und grün.
Die Flagge Ghanas besteht aus horizontalen roten,
goldenen und grünen Streifen mit einem fünfstrahligen Stern im Zentrum des
goldenen Streifens. Die Farbe rot steht für das Blut derer, die im
Unabhängigkeitskampf des Landes ihr Leben ließen. Gold steht für den Reichtum
an Bodenschätzen, während grün den Reichtum des tropischen Regenwaldes
symbolisiert. Der Stern gilt als Leitstern oder Vorbild der afrikanischen Freiheitsbewegung.
„Ich
verspreche bei meiner Ehre, dass ich treu und loyal sein werde gegenüber Ghana,
meinem Vaterland. Ich verpflichte mich, Ghana zu dienen mit all meiner Kraft
und aus ganzem Herzen. Ich verspreche, unser kulturelles Erbe zu bewahren, das
für uns durch das Blut und die Mühe unserer Väter wiedergewonnen wurde; und ich
gelobe in allen Dingen den guten Namen Ghanas aufrecht zu erhalten und zu
verteidigen. Möge Gott mir helfen.“
God Bless our homeland Ghana,
And make our nation great and strong,
Bold to defend for ever the cause of
Freedom and of Right.
Fill our hearts with true humility
Make us cherish fearless honesty,
And help us to resist oppressor's rule
With all our will and might for ever more.
Hail to they name, O Ghana.
To thee we make our solemn vow;
Steadfast to build together
A nation strong in Unity;
With our gifts of mind and strength of arm,
Whether night or day, in mist or storm,
In ev’ry need what e'er the call may be,
To serve thee, Ghana, now and ever more.
Raise high the flag of Ghana,
And one with Africa advance;
Black Star of hope and honour,
To all who thirst for liberty;
Where the banner of Ghana freely flies,
May the way to freedom truly lie
Arise, arise, O sons of Ghanaland.
And under God march on for ever more.
„Grau liegt der gewaltige Bau des ehemaligen
Sklavencastles vor mir, muschelkalkweiße Flecken treten gespenstisch aus dem
Grau hervor. (...)
Begleitet von aufgeregten Rufen und Schreien der
Kinder, die auf der weiten, trockenen Rasenfläche vor dem Castle Fußball
spielen, laufe ich einen ausgetretenen Pfad entlang, steige wenige Stufen
hinauf und betrete etwas beklommen den ersten Innenhof durch ein schweres
Holztor. Eine tiefe Stille herrscht hier, Rufe und Schreie der Kinder bleiben
draußen, sogar das Meer ist nur wie aus der Ferne zu hören. Ob auch die Sklaven
diesen Weg gegangen sind? Aneinandergebunden, angetrieben von ihren Wächtern
und den Händlern? Ihnen war wohl keine Zeit geblieben, sich im Innenhof
umzusehen, erst einmal zu verschnaufen.
Die schweren Tore in den angrenzenden Mauern hatten
sich sicherlich damals gleich weit geöffnet, um sie in der Dunkelheit der
fensterlosen Räume zu verschlucken. Dort mussten sie zusammengepfercht und
ihrer Freiheit beraubt auf ihren ungewissen Transport nach Amerika warten.
(...)
Meine Augen wandern wieder aufs Meer hinaus, (...).
Die eiserne Mündungsöffnung einer im Rundgang platzierten Kanone erinnert mich
mit aller Deutlichkeit jedoch wieder an den eigentlichen Zweck der Errichtung
dieses Gebäudes. (...)
Über vier Jahrhunderte hinweg wurden Jahr für Jahr
von Afrikas Westküste mindestens 45.000 Sklaven verschifft.“
A. Schwarz: Akuabo –
sei willkommen! Reise in ein Dorf in Ghana. dtv 1990, S. 125 ff.
„Sie haben ihn in Ketten gelegt“ sang er.
„Sie haben ihm ein Zeichen eingebrannt.“
„Ja, so war es. Ja, so war es!“ stimmten die anderen
ein.
„Mit glühenden Eisen haben sie es gebrannt
in seinen Arm. In seinen starken Arm.“
„Ja, so war es. Ja, so war es!“
„Sie haben ihn in Ketten gelegt.
Ketten um die Arme, Ketten um die Beine,
Ketten um den Hals.
In Ketten haben sie ihn gelegt,
ihn und die Brüder.
Das Schiff fuhr weit übers Meer und
keiner kam wieder zurück.“
Aus:
Der Honigkuckuck von Hayford Boateng (Ghana)
In:
Renate Welsh (Hrsg.): Ich verstehe die Trommeln nicht mehr. dtv 1983, S. 102
Das ehemalige Königreich Ghana, das dem heutigen
Staat seinen Namen gab, lag weiter nördlich in der Sahelzone der Länder
Senegal, Mauretanien und Mali. Die ältesten Staaten im Gebiet des heutigen
Ghana sind die Königreiche der Dogomba und der Mamprussi im Norden, die ihre
Blütezeit im 12. und 13. Jahrhundert erlebten.
Seit Beginn des 13. Jahrhunderts wanderten Völker
der Akan-Sprachgruppe, darunter Ashanti und Fanti, aus der Savanne Richtung
Süden und errichteten ihre Herrschaft an der Grenze des Regenwaldes durch
mehrere Staatengründungen. Anfang des 15. Jahrhunderts betrieben diese Staaten
einen schwunghaften Handel mit den Völkern im Norden am Südrand der Sahara.
Die ersten Europäer, die die Goldküste besuchten, waren portugiesische
Entdeckungsreisende. 1482 gründeten sie einen Handelsstützpunkt an der Stelle
des heutigen Elmina. Die Goldküste war bis zur Entdeckung der Reichtümer
Lateinamerikas der führende Goldlieferant Europas. Zudem wurde die Goldküste
intensiv in den sich während des 16. Jahrhunderts entwickelnden Sklavenhandel
einbezogen. 1642 vertrieben die Niederländer die Portugiesen.
Der vor allem an der Küste mit den Europäern betriebene Handel verhalf
den Ashanti zum Aufstieg. Sie hatten allmählich ihre Siedlungen verlegt und
sich an den Knotenpunkten der Handelswege um Kumasi niedergelassen, wodurch sie
den Handel sowohl Richtung Norden als auch Richtung Süden kontrollieren
konnten. Um 1670 war ihre Vorherrschaft in der Gegend um Kumasi unangefochten,
und eine weitere Expansion in der Mitte des 18. Jahrhunderts führte zweifellos
zu einer Vormachtstellung des Ashanti-Reiches.
Bald forderten die Briten die Niederländer heraus und errichteten
befestigte Handelsstützpunkte in Kormantine und Cape Coast. Die Rivalität
zwischen beiden Mächten führte zum Krieg, aus dem die Niederländer als Sieger
hervorgingen. Jedoch bauten britische Handelshäuser um 1750 einen schwunghaften
Sklavenhandel auf.
In Christiansborg und anderen Orten errichteten die Dänen befestigte
Handelsniederlassungen. Aber gegen Ende des 18. Jahrhunderts war das Gebiet in
der Hand der Briten. 1821, 14 Jahre nach Abschaffung des Sklavenhandels, wurden
die britischen Siedlungen von der Krone übernommen. 1850 kauften die Briten den
Dänen, 1871 den Niederländern ihre Niederlassungen ab. 1874 wurde die
Küstenregion britische Kronkolonie. Anfang des 19. Jahrhunderts fielen
Ashanti-Stämme in die von den Fanti bewohnte Küstenregion ein und stellten eine
Bedrohung für die britischen Stützpunkte dar. Dies führte zum Ausbruch einer
Reihe von Kriegen zwischen Briten und Ashanti, die bis zur Jahrhundertwende
andauerten. Die Grenzen der Kolonie wurden 1901 festgelegt. Gleichzeitig wurden
das Land der Ashanti und weiter nördlich gelegene Gebiete in die Kolonie
eingegliedert. 1922 kam noch ein Teil des deutschen Schutzgebiets Togo hinzu.
Drei Jahre später wurden Wahlen zu einem Legislativrat (König und
Häuptlingsrat) abgehalten.
Nach dem zweiten Weltkrieg mussten die Briten der Kolonie in zunehmendem
Maße das Recht auf Selbstverwaltung gewähren mit dem Ziel der Selbständigkeit.
Im Januar 1957 verabschiedete das britische Parlament ein Gesetz zur Regelung
der Unabhängigkeit Ghanas. Am 6. März desselben Jahres erklärte Ghana seine
Unabhängigkeit. Zwei Tage später trat das gerade selbständig gewordene Land den
Vereinten Nationen bei.
Die führende politische Partei der neuen Nation war die Convention
People's Party (CPP) unter Vorsitz von Kwame Nkrumah, der der erste
Premierminister des Landes und Führer der panafrikanischen Bewegung war.
Es kam zu deutlichen Unstimmigkeiten zwischen der CPP und verschiedenen
unzufriedenen politischen Gruppierungen. Einer der Hauptgründe für den Unmut
waren die Bestrebungen Nkrumahs, einen zentralistisch regierten Staat zu
errichten. Im Oktober 1957 bildeten sechs Gruppen der Opposition eine Koalition
mit dem Namen United Party. Die Regierung reagierte hart auf ihre Kritiker.
Die Verfassungsänderung (Ghana Constitutional Amendment Bill) von 1958
gab der Nationalversammlung die Möglichkeit, die Verfassung durch einen
einfachen Mehrheitsentscheid abzuändern. Anfang 1960 wurde eine neue
republikanische Verfassung entworfen und von der Wählerschaft gebilligt.
Gleichzeitig wurde der Premierminister Nkrumah zum ersten Staatspräsidenten
gewählt.
Am 1. Juli 1960 wurde das Land zur Republik erklärt. Während der
folgenden Jahre entwickelte Nkrumah ein zunehmend diktatorisches Regime. Die
Handlungsfreiheit der Opposition wurde drastisch eingeschränkt. Führer der
United Party wurden ohne Gerichtsverfahren inhaftiert. 1961 und erneut 1962
rief die Regierung den Notstand aus. Ende 1963 begann Nkrumah, die Freiheit der
Justiz einzuschränken, und 1964 führte er schließlich ein Einparteiensystem
ein.
Am 24. Februar 1966 wurde Nkrumah während seines Staatsbesuchs in China
durch einen Militärputsch abgesetzt. Während der folgenden Jahre wurde Ghana
von einem nationalen Befreiungsrat (National Liberation Council) regiert. Unter
einer neuen Verfassung wurde 1969 einer Zivilregierung unter Vorsitz von Kofi
A. Busia die Macht übertragen. Busia wurde 1972 durch einen militärischen Staatsstreich
unter Führung von Oberst Ignatius K. Acheampong abgesetzt.
Acheampong setzte die Verfassung außer Kraft, verbot politische
Aktivitäten und schränkte die Pressefreiheit sowie die Handlungsfreiheit der
Union Party ein. Er musste 1978 zurücktreten. Sein Amtsnachfolger wurde General
Frederick W. Akuffo, der nach nicht einmal einjähriger Amtszeit von Jerry Rawlings,
einem Hauptmann der Luftwaffe, gestürzt wurde.
Rawlings ließ sowohl Acheampong als auch Akuffo
unter dem Vorwurf der Korruption hinrichten. Im September 1979 übergab Rawlings
die Regierung an den Präsidenten Hilla Limann.Nach einer Verschlechterung der
wirtschaftlichen Situation putschte Rawlings erneut am 31. Dezember 1981 und
setzte Limann ab. Als Vorsitzender des Provisorischen Nationalen
Verteidigungsrates (Provisional National Defence Council) setzte Rawlings
Sparmaßnahmen durch, um die Inflation unter Kontrolle zu bringen. Er leitete
Verhandlungen über finanzielle Hilfsleistungen der westlichen Länder mit dem
Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank ein.
Anfang der achtziger Jahre wurde die Währung
mehrmals abgewertet. Die landwirtschaftliche Produktion stieg an, und Rawlings
konnte die meisten der Darlehen Ghanas erfolgreich umschulden.
Trotz seiner Popularität bei der breiten Masse des Volkes musste
Rawlings' Regime während der achtziger Jahre viele Umsturzversuche bekämpfen.
Mit einem Volksentscheid im April 1992 wurde wieder eine Verfassung gebilligt
und eine Regierung eingesetzt. Rawlings, der als Zivilist kandidierte, gewann
im November dieses Jahres die Wahlen, bei denen mehrere Parteien zur Wahl
standen. Bei den folgenden Parlamentswahlen errang sein Nationaldemokratischer
Kongress (National Democratic Congress) eine überwältigende Mehrheit, da die
Wahlen von den vier größten Oppositionsparteien boykottiert wurden.
Im Juni 1994
führten Streitigkeiten über die Regelung des Landbesitzes im Norden des Landes
zu Auseinandersetzungen zwischen ethnischen Gruppen. Daraufhin wurde vorübergehend
der Ausnahmezustand verhängt und ein Friedensabkommen mit den einzelnen
Parteien ausgehandelt. Allerdings kam es im März 1995 erneut zu Unruhen zwischen
den Volksgruppen. Aus den Parlaments- und Präsidentschaftswahlen, die am 7.
Dezember 1996 stattfanden, gingen der amtierende Präsident Jerry Rawlings und
sein Nationaldemokratischer Kongress als Sieger hervor. Rawlings erhielt bei
den Wahlen, an denen rund 70 Prozent der 9,2 Millionen Wahlberechtigten
teilgenommen hatten, die absolute Mehrheit.
Biographische
Notizen:
Geb. am
22.6.1947 in Accra. Nach dem Besuch der Schule machte er eine Ausbildung zum
Fliegeroffizier und Piloten. Als aktiver Sportler gewann er auch außerhalb der
Armee eine gewisse Popularität.
Nach einem
blutigen Putsch am 4.6.79 gegen die Regierung von Gen. F. K. Akuffo kam
Rawlings erstmals an die Macht und wurde Vorsitzender des Provisional Nationale
Defence Councils (PNDC). Staatsrat und Parlament wurden damals aufgelöst, die
Verfassung außer Kraft gesetzt. Er blieb nur wenige Monate im Amt.
Nachdem er
freie und demokratische Wahlen hatte durchführen lassen, verschwand er zunächst
wieder von der politischen Bühne. Seit Januar 1982 ist er nach einem erneuten
Putsch gegen Dr. Hilla Limann Staatsoberhaupt Ghanas.
Der Goldene Stuhl, die Seele der Ashanti!
Der Brite Sir Frederick Hodgsons wusste nicht, dass
der Goldene Stuhl kein normaler Häuptlingsstuhl war, sondern eine Art Symbol
für den Geist und die Seele der gesamten Ashanti-Nation. Dieses kulturelle
Unwissen hatte fatale Folgen ...
Die Ashanti spielen bereits seit einigen
Jahrhunderten in der Geschichte Westafrikas
eine wichtige Rolle. Im Akan-Staat von Akwamu hatte der Ashanh-König Osei Tutu
zu Beginn des 18. Jahrhunderts den Handel mit den Europäern aufgenommen. Er
wurde reich und mächtig. Er tauschte zunächst Gold und Elfenbein, später auch
Sklaven und landwirtschaftliche Produkte wie Kaffee, Kakao, Erdnüsse und Palmöl
gegen Feuerwaffen, mit denen er die benachbarten Königreiche besiegte.
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts forderten die Briten die Unterwerfung
der Ashanti. Sir Frederick Hodgsons bestand damals darauf, dass der berühmte
,,Goldene Stuhl" (sikadwa) der Ashanti, das Symbol ihrer politischen
Macht, zu ihm gebracht werden solle. Er wusste nicht, dass der Goldene Stuhl
kein normaler Thron war. Niemand setzte sich auf diesen Stuhl, nicht einmal der
König selbst. Der Goldene Stuhl wird in der Regel nur zur Inthronisation des
Königs oder zum Begräbnis des Ashantehene öffentlich zur Schau getragen, die
übrige Zeit wird er im ,,Stuhlhaus" aufbewahrt. Da sie die Verletzung ihrer
Seele nicht hinnehmen konnten, organisierten die Ashanti ab 1874 langjährige
blutige Aufstände gegen die Briten. Erst 1900 konnten diese mit der Eroberung
Kumasis durch die Briten beendet werden. Doch auch die Kolonialherrschaft der
Briten konnte nicht das Unabhängigkeits- und Nationalgefühl derAshanti
zerstören, beides heute noch überaus starke Triebkräfte im politischen Alltag
Ghanas.
Auch die wichtigsten Traditionen des "sakralen Königtums"
haben sich bis heute erhalten. So ist in der Ashanti-Gesellschaft die
Abstammungslinie nicht patrilinear, sondern matrilinear. Der größte Teil der
gesellschaftlichen Beziehungen eines Mannes wird von der mütterlichen Sippe
(abusua) bestimmt. Die Königswahl wird von der Königsmutter geleitet, die sich
zunächst mit den Ältesten berät. Anschließend wird das Ergebnis dem
versammelten Volk zur Entscheidung vorgelegt. Ist der Kandidat angenommen, wird
er ,,eingestuhlt" und vor den Ahnen und der Erdgöttin vereidigt.
Eine eher demokratische
Tendenz liegt mit der ,,Organisation junger Männer" vor, die jeweils einen
Vertreter in die Versammlungen der Ältesten und Häuptlinge entsendet, um dort
ihre Meinung zum Ausdruck zu bringen. Jeweils vor einer wichtigen Entscheidung
wird dieser Vertreter vom König oder Häuptling konsultiert. Der König ist somit
kein absoluter Monarch, sondern muss die Wünsche seines Volkes berücksichtigen.
Das Yams-Fest (Odwira)
stellt eines der wichtigsten kulturellen Ereignisse in der Gesellschaft der
Ashanti dar. T E. Bodwich wohnte diesem Fest bei, als er den Ashanti-König 1817
im Auftrag der Royal African Company besuchte. Er bezeichnete die großen Feste
der Ashanti und vor allem das Odwira-Fest als Gesamtkunstwerke, bei denen alle
Künste vertreten sind. Es waren keine Feste um der Feste willen, sondern sie
stellten die gesamte kosmische Ordnung in bewegter Form dar.
Diese großen Zeremonien und
festlichen Ereignisse gehen entweder auf Naturzyklen, wie z. B. den Wechsel der Jahreszeiten, die Aussaat oder Ernte, zurück
oder sie markieren Unterbrechungen in der Sozialstruktur, z. B. den Tod und die
Neuwahl eines Königs oder Häuptlings.
Wichtige Elemente der Ashanti-Feste sind nach Bodwich auch heute noch
der „inszenierte Tumult", die ,,Dichte der Atmosphäre", das
"Körper-an-Körper-Stehen" und das Gedränge sowie die gleichförmigen
Bewegungen und Worte der versammelten Menschenmenge. Dies wurde u. a. 1999 bei
der Beerdigung des Asantehene und der Einführung seines Nachfolgers
deutlich: „Der König ist tot“ - Lang lebe der König!“
„Stools“ - Mehr als nur Sitzgelegenheiten!
Stools spielen auch heute noch eine sehr
bedeutende Rolle im traditionsreichen kulturellen Leben vieler Stämme
Westafrikas. Am ausgeprägtesten findet man diese Tradition beim Stamm der Akan.
Stools werden seit Jahrhunderten aus einem
Stück Holz gefertigt und gelten als Skulpturen. Bevorzugtes Holz ist
"Sese-Holz" oder "Red-Cedar-Holz". Viele Jahre Arbeit sind
notwendig, um sich "Stuhlmeister" nennen zu dürfen.
Ein Stool besteht aus drei Teilen:
-
dem
Fuß, ca. 50 x 25 cm, der oft reich dekoriert ist.
-
dem
zentralen Mittelteil, das die symbolische Bedeutung und den sozialen Stand des
Eigentümers erkennen lässt, symbolisiert durch Adinkrazeichen.
-
der
Sitzfläche mit nach oben gestellten Seiten, mit einer Länge von ca. 55 cm und
ca. 30 cm Breite. Die Sitzhöhe beträgt ca. 45 cm.
Jeder Stool hat eine besondere Bedeutung und einen eigenen Namen.
Einige Stools sind nur für hochgestellte Persönlichkeiten und dürfen auch nur
von diesen benutzt werden. Andere Stools werden zu bestimmten Anlässen, wie bei
einer Hochzeit, oder bei Zusammentreffen vor allem der Ashanti benutzt, z. B.
vom heutigen Generalsekretär der "Vereinigten Nationen" in New York,
Mr. Kofi Anan, ein Ashanti und der Sohn eines großen "Chief" aus der
Gegend von Kumasi.
ESONO GWA: Der Elefantenstuhl wurde ausschließlich vom Asantehene, dem
König der Ashantis, benutzt. Jeder, der ihn gebraucht, fordert seine Autorität
heraus.
„Ich hatte das ‚Königsbild’ wieder hervorgezogen und
lange betrachtet. Eine Gruppe festlich Gekleideter war darauf zu sehen und
mitten unter ihnen saß ein Mann. Ein leuchtendes orangefarbenes Gewand lag um
seine Schultern, fiel bis auf seine Füße herab, und auf dem Kopf trug er eine
Krone. Mir schien als hätte er sich mir zugeneigt, so nah spürte ich das
nachdenkliche Lächeln des Mannes. „Sieh mich nur an“, schien er aus dem Bild
heraus zu sagen, „es gibt mich wirklich. Ich trage die goldene Krone meiner
Ahnen auf dem Kopf.“ (...)
„Das ist ein besonders mächtiger Chief, ein
Stammesoberhaupt“, sagte Thomas. „Chief?“ fragte ich enttäuscht, „ist das heute
das Wort für König?“ „Du würdest staunen“, antwortete Thomas „wie viel
englische Bezeichnungen die ehemaligen Kolonialherren in Ghana zurückgelassen haben.
Selbst das schöne Gewand, das dein König trägt, nennt man Cloth“.
Zu Füßen des Chiefs saß das Kind! (...) „Ja, das ist
ein ganz besonderes Kind. Sie sagen, es ist die Seele des Chiefs. Das Kind
begleitet ihn immer, wohin er auch geht. Wenn in früheren Zeiten ein Chief
starb, wurde auch seine Seele, also das Kind, mit ihm begraben,“ erklärte
Thomas.
Ich betrachtete die vielen kleinen Fältchen im
Gesicht des Chiefs, meines Königs. ‚Er ist nicht mehr so jung’, dachte ich,
„Wird er auch wollen, dass dieses Kind mit ihm sterben muss?“
„Heute verbieten es die Gesetze“, sagte Thomas, der
meine Gedanken erriet. „Aber es gibt für uns Europäer noch viele Geheimnisse in
den ghanaischen Dörfern.“ (...)
Später im Gespräch wurde das Königsbild als Romantisierung
der ghanaischen Wirklichkeit abgetan, ... Ja, es entzündete sich sogar eine
heftige Diskussion in der Runde der Freunde, ob solche Bilder, die das
traditionelle Leben der Ghanaer in aller Farbenpracht zeigten, nicht den
europäischen Betrachter von den eigentlichen Aufgaben und Problemen, die das
Land hat, ablenkten, zum Beispiel von den dringenden Aufgaben einer funktionierenden
Gesundheitsfürsorge, vom Aufbau einer eigenständigen Industrie, vom Kampf gegen
den Hunger.
Ich fühlte mich bei diesem Gespräch aufgefordert, das
Königsbild als sichtbares Zeichen für kulturelle Tradition der ghanaischen
Menschen zu verteidigen. „Dieses Königsbild ist auch Wirklichkeit!“ sagte ich
heftig, „nur, auf dem Bild sind nicht wie üblich die weißen Entwicklungshelfer
zu sehen, die den Afrikanern eine importierte Maschine aus dem Westen vorführen.
Hier sind die Leute unter sich und feiern ein Fest! Was habt ihr denn überhaupt
an die Stelle der Tradition zu setzen?“ Anneliese Schwarz:
Akuabo – sei willkommen! dtv 1990, S. 19 f.
Wir wünschen keine Habsucht.
Wir wünschen nicht, dass er uns verflucht.
Wir wünschen nicht, dass er zu schwerhörig ist.
Wir wünschen nicht, dass er Menschen Narren nennt.
Wir wünschen nicht, dass er alles selbst bestimmt.
Wir wünschen nicht, dass er immer nur sagt:
„Ich habe keine Zeit, ich habe keine Zeit“.
Wir wünschen nicht, dass wir persönlich missbraucht
werden.
Wir wünschen, dass er persönlich keine Gewalt anwendet.
Ermahnungen bei der Inthronisierung eines Königs in Ghana
„Pouring of Libation“ heißt der nächste Programmpunkt.
In meinem Kopf repetiere ich mein Englisch: to pour heißt gießen, strömen und
Libation bedeutet das Trankopfer. (...)
Die Chiefs beginnen eine langes monotones
Zwiegespräch. Father erklärt mir: „Sie begrüßen die verstorbenen Ahnen und
geben ihnen symbolisch ein Getränk, damit sie dieser Zusammenkunft freundlich gesinnt
sein mögen.
Zum Schluss versprengen sie eine Flüssigkeit aus
einer grünen Flasche auf den Rasen. „Das ist Schnaps für die Ahnen“, sagt
Father neben mir. Nach dieser Handlung, die Lebende und Tote miteinander
verbindet, kann das Fest erst richtig losgehen.“
Anneliese Schwarz:
Akuabo – sei willkommen! dtv 1990, S. 64
255 km nordwestlich von Accra gelegen, ist Kumasi
auch heute noch das wichtigste kulturelle Zentrum Ghanas und mit 550 000 Einwohnern
zweitgrößte Stadt. Der Legende nach hat der Ashanti König Osei Tutu auf Anraten
seines Fetischmeisters Okomfe Anokye (der auch den Goldenen Stuhl ,,vom
Himmel" erhalten hatte) diesen Platz ausgewählt, nachdem Zweige oder Samen
des Kum-Baumes an zwei verschiedenen Orten eingepflanzt worden waren. Der Ort,
an dem die Saat aufging, bekam den Namen Kum-Asi (,,derjenige, der
blühte").
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurde die einst ,,blühende" Stadt
von den Engländern erobert und fast völlig zerstört. Von dem alten Prunk ist
daher nur noch wenig übrig. Heute prägen zahlreiche schattenspendende Bäume die
Atmosphäre dieser Stadt, weshalb sie auch gerne ,,Gartenstadt" genannt
wird. Der Universitätspark (mit Schwimmbad) und der Zoo sind die beliebtesten
Grünanlagen Kumasis.
Die katholische Kirche, mit ihren zwei Glockentürmen weithin sichtbar,
ist zwar von keinem besonderen Interesse, dient jedoch als Orientierung, um die
,,Straße der Goldschmiede" (wieder) zu finden. Verkehrsknotenpunkt und
zentraler Platz ist der mit einem Springbrunnen versehene Rand Paint Kejetia.
Das National Cultural Centre liegt unweit des Stadtzentrums und
beherbergt sowohl ein Museum (Ashanti-Kultur mit Demonstration der
,,sprechenden Trommeln"), eine Kunstgalerie, ein Freilicht-Theater,
mehrere Handwerksstätten als auch eine Modellfarm und einen Zoo. Jeden Samstag
finden hier von 14.00 bis 19.00 Uhr Musik- und Tanzveranstaltungen statt. Wir
genossen es jedes Mal im Schatten der Bäume, etwas Kühles zu trinken und bei
Trommelklängen und Tanzdarbietungen ein wenig zu „palavern“.
5 km vom Motel
im Naturpark und 8 km von Damongo entfernt liegt ein kleines Dorf namens LARABANGA, das durch seine Moschee, die
älteste in Ghana, berühmt geworden ist. Sie wurde bereits 1421 von Jüngern des
Propheten erbaut und ist viel kleiner als erwartet. Doch die einer abstrakten
Skulptur ähnelnde, von dekorativen Holzpflöcken strotzende, aus Lehm erbaute
Moschee Nordghanas ist eine der größten einheimischen architektonischen
Leistungen. Sie hat seit fast 600 Jahren in dieser Form überdauert. Drinnen
liegt ein Koran, der genau so alt ist wie die Moschee. Ihr westsudanesischer
Baustil lässt die Schönheit der Bauten in Djene (Mali) erahnen.
Bis zur
Moschee in Larabanga durften wir im Juli 1992 nur gehen, nachdem wir mit dem
Imam, dem Vorbeter in der Moschee, einen Preis ausgehandelt hatten. Er war gerade
damit beschäftigt, Hühner zu schlachten. Fotografieren durften wir ihn auch nur
gegen Geld. Larabanga war schon damals ein von Touristen häufig besuchter Ort.
Das Innere der Moschee durfte von Christen nicht besichtigt werden.
Wie ich mich an diesem Ort damals gefühlt habe, geht aus folgenden
Tagebuchaufzeichnungen hervor: „Die tief schwarze Haut des Imam reflektiert
nicht einmal das Licht unseres Blitzlichtes, hier gelten andere Fotomaßstäbe...
Drücken die Umrisse dieses Mannes nicht die ganze Dunkelheit seiner Kultur für
uns aus? Werden wir sie je verstehen? Seine Glaubensbrüder leben schon heute
mitten unter uns in der Heimat. Verstehen sie diesen Mann im fernen ghanaischen
Norden?“
Und noch ein
Geheimnis unweit der Moschee! „The Magic Stone“, ein heiliger Stein und Ort für
die Anhänger der Naturreligionen, der sich jeder Versetzung zwecks Straßenbegradigung
widersetzte. Nachts „wanderte“ der zentnerschwere „beseelte“ Stein zurück an
seinen heiligen Ort. Schließlich gaben die europäischen Ingenieure den afrikanischen
Göttern nach und führten die Straße um das alte Heiligtum herum! Warum konnte
die Kultur der Menschen, für die diese Straße gebaut wurde, nicht gleich
geachtet werden?
Ghana - eine sich entwickelnde Volkswirtschaft?
„Vor ein paar Jahren konnten sich nur Weiße Getränke
aus Dosen leisten, für uns gab es keine“, George zieht am Gürtel seiner Hose,
„sieh mal, jetzt passt er! Damals konnte ich ihn zweimal um meinen Körper
wickeln, so dünn war ich. (...)
Wir hatten kein Brot, keinen Mais, keinen Reis, kein Mehl, keine
Milch. Alle Menschen in Ghana hatten Hunger. Nur wer viel Geld hatte, konnte
sich etwas auf dem Schwarzmarkt kaufen.“ (...) „Ihr habt den Hunger besiegt“,
sage ich. „Yes“, antwortet George, und er zieht das Wort sehr lang. „Unsere
Regierung kämpft gegen Korruption und Schwarzmarktpreise. (...)
Wir gehen vorwärts, Schritt für Schritt, denn unser Motherland
Ghana ist ein reiches Land. In unserem Boden gibt es Gold und Diamanten! Auf
unserer Erde wächst einfach alles, was du einpflanzt! Wenn du in ein paar
Jahren wieder zu uns kommst, Sonja ...“
Anneliese Schwarz: Akuabo –
sei willkommen! dtv 1990, S. 10 f.
Die Wirtschaft Ghanas stützt sich auf wenige
Produkte aus Landwirtschaft und Bergbau. Fast 60 % der Erwerbstätigen Ghanas
sind in der Landwirtschaft beschäftigt. In der verarbeitenden Industrie
arbeiten 11% und im Dienstleistungsgewerbe 29%. Staatliche Misswirtschaft und andere Probleme führten das Land Anfang
der achtziger Jahre an den Rand des wirtschaftlichen Ruins. Drastische
Wirtschaftsreformen führten zu einem anhaltenden Wirtschaftswachstum. Trotzdem
gehört Ghana zu den ärmsten Ländern der Welt.
Der Agrarsektor erwirtschaftet rund 41% des Bruttosozialprodukts (BSP).
Das bedeutendste Agrarprodukt für den Export ist Kakao, der vorwiegend in der
Ashanti-Region in Kleinbetrieben gewonnen wird.
In den siebziger Jahren war die Produktion auf Grund der Überalterung
der Bäume und der niedrigen Erzeugerpreise zurückgegangen. Durch Sanierungsprogramme
und eine Anhebung der Erzeugerpreise stieg die Produktion in den achtziger
Jahren wieder an. Weitere wichtige Exportprodukte sind Kaffee, Palmkerne,
Lamynüsse, Kokosnussöl, Kopra (siehe Kokosnuss), Bananen, Erdnüsse, Kolanüsse,
Palmöl und Tabak; im Südwesten wurden Kautschukbäume gepflanzt.
Für den Eigenbedarf werden im Süden in erster Linie Maniok, Palmkerne,
Palmöl, Mais, Kochbananen, Erdnüsse und Yams produziert. Weitere Anbaufrüchte
sind Ölfrüchte, Baumwolle, Tabak und Reis. Im Nordosten werden Erdnüsse und
Langbohnen angebaut. In der Küstenregion werden Kokosnüsse, Kaffee, Bananen und
Zitrusfrüchte geerntet.
Kakaoanbau
Ursprünglich stammt der Kakao aus Amerika.
Europäer versuchten 1822 Kakao in Westafrika anzupflanzen. Der Kakaoanbau
eignet sich vorzüglich für den kleinen Familienbetrieb, da mit einfachen,
traditionellen landwirtschaftlichen Geräten gearbeitet werden kann. Zwei
Drittel der gesamten Weltkakaoproduktion stammt aus Afrika. Überall wo Kakao
angebaut wird, können zahllose Krankheiten, Parasiten oder Viren die Bäume befallen
und so die Ernte, d. h. die Existenz einer Kleinbauernfamilie gefährden.
Ernte: Der Kakaobaum eignet sich
für Mischkultur und benötigt viel Schatten. Er trägt das ganze Jahr hindurch
Blüten und Früchte. Geerntet wird zweimal im Jahr. Mit Hilfe eines scharfen
Messers werden die reifen Schoten vorsichtig vom Stamm oder den Ästen geschnitten.
Wichtig für das spätere
Aroma ist der richtige Erntezeitpunkt. 150 Kakaoschoten ergeben 6 kg Kakao. In
Handarbeit werden die Samenkerne aus der Pulpa, einer gallertartigen Masse,
herausgeschabt. In der ersten Gärzeit entsteht das eigentliche Aroma.
Während der anschließenden
ca. 14-tägigen Trocknungszeit müssen die Kakaokerne immer wieder gewendet
werden. Nach dem Aussortieren und Abfüllen in Säcke ist der Kakao bereit für
den Export. Wie für sehr viele afrikanische Rohprodukte, sinken auch die
Weltmarktpreise für Kakao stetig.
Über 36 % der Fläche Ghanas sind (noch) von Wald bedeckt. Dem Forstgesetz
(Timber Lands Act) von 1959 zufolge kann ein Gebiet mit Nutzholzbestand erst
nach vollständiger Nutzung durch Rodung in landwirtschaftliche Nutzfläche
umgewandelt werden. Mit diesem Gesetz und durch die Vergrößerung der
Schutzgebiete unternimmt die Regierung den Versuch, der zunehmenden Abholzung
der Waldflächen für die Gewinnung von Ackerland entgegenzuwirken.
Die Fischereiwirtschaft nahm seit den sechziger Jahren einen starken Aufschwung.
Etwa zehn Prozent der Fangmenge sind Süßwasserfische (insbesondere aus dem
Voltastausee). In Sekondi-Takoradi und Tema gibt es große Fischmärkte.
Cape Coast eine Hafenstadt in Ghana, 150 km
westlich von Accra, war die erste Hauptstadt der britischen Kronkolonie „Goldküste“.
Jahrzehntelang diente das „Cape Coast Castle“ als Sklavenmarkt und später den
britischen Gouverneuren als Regierungssitz. Unmittelbar an der Burg und entlang
der Küste findet man kleine Häfen und Fischmärkte. Für viele Familien ist der
Fischfang in den langen, schweren Holzbooten die einzige Einkommensquelle.
Ein buntes Bild am Tage: Früh am Morgen und spät
abends, wenn die Boote häufig ohne Motor die schwere Brandung überwinden
müssen; ein Bild harter Arbeit und großer Gefahren für die Fischer aller
Altersgruppen. Nur wenige können schwimmen, viele werden im Brandungswellengang
aus ihren Booten herausgeschleudert.
„SAVE ME O GOD!“, deutlich lesbar ins Holz
des Bootes geschnitzt und in leuchtend gelber Farbe ausgemalt, ist ein sehr
ernst zu nehmender Wunsch des Bootsbesitzers. Er bedarf Gottes Hilfe um das
Leben auf See zu meistern.
Wo es keine natürlichen oder künstlich angelegten
Häfen gibt, werden die Boote mit Seilen an den Strand gezogen. Dort warten
Frauen auf den Fang, der direkt auf dem nahen Markt verkauft oder auf großen
alten Fässern geräuchert wird.
In der nur durch eine schmale Sanddüne vom Meer
getrennten Lagune wird mit kleinen Rundnetzen im Wasser stehend gefischt. Nur
selten verfügen diese Fischer über wasserdichte Anzüge. Die kleinen Fische
werden für den Eigenbedarf zubereitet. Sie bilden für acht- oder mehrköpfige
Familien die Nahrungsgrundlage.
Die wichtigsten Bodenschätze Ghanas sind Gold, Silber, Eisen, Manganerze,
Bauxit und Diamanten. Außerdem gibt es kleinere Vorkommen an Erdöl, Erdgas,
Beryll, Kolumbit-Tantalit und Chrom.
Ghanas Goldvorkommen zählen zu den größten der Erde. Ihr Ausbeute aber
kommt nur wenigen Reichen und internationalen Wirtschaftsverpflichtungen
zugute.
Ghana hat im Vergleich zu den meisten afrikanischen Ländern eine
relativ gut entwickelte Industrie. Die Betriebe sind im Allgemeinen klein. Es
gibt zahlreiche Druckereien und Verlage sowie eine Reihe von Sägewerken und
Möbelherstellern. In größerem Umfang werden vorwiegend Bier, Zigaretten,
nichtalkoholische Getränke, Speiseöle, Nägel, Sauerstoff und Acetylen sowie
Aluminiumfolien produziert.
In Tema, einem wichtigen Industriestandort und Hafen östlich von Accra,
ist eine Erdölraffinerie. Eine Aluminiumhütte, die mit Energie aus den
Wasserkraftwerken am Volta versorgt wird, gehört zu den größten Industriewerken
des Landes. Weitere Industrieprodukte sind Textilien, Schuhe, Eisen und Stahl,
Zucker, Mehl und Glas.
Mitte der achtziger Jahre wurde ein umfassendes Privatisierungsprogramm
eingeleitet.
Die Bank of Ghana (gegründet 1957) ist die Zentralbank und zugleich die
Notenbank des Landes. Währungseinheit ist seit 1967 der Cedi, bestehend aus 100
Pesewas. Nach mehreren Geldentwertungen zwischen 1981 und 1983 wurde der neue
Cedi eingeführt. Es gibt drei Handelsbanken, die vornehmlich den
Zahlungsverkehr abwickeln. Die National Investment Bank (gegründet 1963)
gewährt Privatunternehmen und öffentlichen Körperschaften Entwicklungsdarlehen.
„Der Angestellte sortiert
die Scheine auf Häufchen. Ich schneide Papierstreifen aus einer Zeitung, Rose
klebt sie an den Enden zu Banderolen zusammen, nachdem in allen erdenklichen
Schubfächern der Bank nach dem Kleber gesucht worden war und schließlich jemand
ein Glas mit der klebrigen Masse aus dem Vorraum brachte.
Endlich schiebt der
Bankangestellte die Geldbündel durch die fertigen Banderolen. Bündel aus
weichen, aufgequollenen Lappen, denen man ihre ursprüngliche Farbe und das Bild
darauf kaum noch ansehen kann. Scheine, die ich in den Kinderhänden gesehen
habe, wie sie gerollt, geknüllt oder zusammengefaltet zur Kirche getragen
wurden. Ich habe die Scheine zwischen den Lippen der Marktverkäuferinnen
gesehen, bevor sie in die Kirche wanderten. In die Falten des Stoffes gesteckt,
auf den Schweiß der Stirn geklebt, im Sand gelegen neben dem Schälchen mit
getrocknetem Fisch, unter den weißen Eiern in der Schüssel der Eierverkäuferin
gesammelt, hinter den Gürtel gesteckt, ins Tuch gebunden, am Osterfest zum Rhythmus
der Trommel vor den Altar getragen, in der Hand geschwenkt, in die Opferschale
gelegt, später vom Father in Roses Tasche gestopft, zur Bank getragen.“
A. Schwarz: Akuabo – sei willkommen! dtv 1990,
S. 10
„In der Dämmerung wandert der Dollarschein aus meiner Rocktasche in ihre Hand und verschwindet hinter ihrem Brusttuch. Mit einem „thank you“ verschwindet Nana im Dunkel des Dorfes. „Good night, Nana“, rufe ich ihr nach, aber niemand antwortet mir darauf. Warum geht sie so schnell von mir fort? Will sie nur das Geld und interessiert sich für mich überhaupt nicht?“ A. Schwarz: Akuabo – sei willkommen! dtv 1990, S. 78
„Anne“, beginne ich stockend, „denkst du, dass es richtig ist, wenn man den Leuten hier im Dorf Geld gibt?“ „Sie nehmen es gern, aber sie geben es auch schnell aus. Wenn du ihnen wirklich helfen willst, musst du mit ihnen leben, mit ihnen sprechen, mit ihnen arbeiten. Wenn sie dich mögen, werden sie dir zuhören und versuchen, so zu arbeiten wie du, um dir eine Freude zu machen.“ A. Schwarz: Akuabo – sei willkommen! dtv 1990, S. 84
„Und nun bekomme ich zu
spüren, was ein richtiges Buschauto ist! Krampfhaft muss der nicht gerade große
Mann das Lenkrad festhalten. Schon bei knapp vierzig Stundenkilometern schlägt
es so stark aus, dass Father Mühe hat, nicht die Gewalt über das Fahrzeug zu
verlieren. Wird denn das Auto die Fahrt aushalten?’ frage ich besorgt. ‚Oh, sicher,
mit der Hilfe Gottes, ja!’ gibt er zur Antwort. Und nun fordert er es erst
recht heraus, gibt mehr Gas, dass der klapprige Wagen sogar sechzig fährt.“
Anneliese Schwarz: Akuabo –
sei willkommen! dtv 1990, S. 56
Ghana verfügt über ein Eisenbahnnetz mit einer Schienenlänge von etwa 1
000 Kilometern. Die Hauptlinien bilden in etwa ein Dreieck und verbinden Sekondi-Takoradi,
Accra und Kumasi. Das Straßennetz des Landes hat eine Länge von 38 514
Kilometern; davon sind 38 % Fernstraßen. Die beiden wichtigsten Häfen des
Landes sind Tema und Sekondi-Takoradi. Der internationale Flughafen Kotoka
liegt bei Accra. In Sekondi-Takoradi, Kumasi, Sunyani und Tamale liegen die
kleineren Flughäfen. Die internationalen Fluggesellschaften bieten Linienflüge
nach Accra an. Die nationale Fluggesellschaft Ghana Airways bietet einen
nationalen und internationalen Flugdienst.
Da man nicht mit speziellen Karren und Wagen
ausgerüstet ist, tragen die Afrikaner ihre Lasten von Kindheit an auf dem Kopf.
Ein kleines Stück Stoff zu einem Ring gedreht, wird zwischen Kopf und Traglast
gelegt. So kann man eine recht große Last über weite Strecken tragen.
„Dieser blöde Lastwagen, das ist lebensgefährlich! Mindestens
vierzig Leute sitzen drauf, und beim Ausweichen wäre er beinahe umgekippt!“
(...) „Wieso wird die Straße nicht ausgebessert?“ frage ich nun auf englisch.
„Unsere Regierung hat jetzt noch kein Geld für solche Straßen“, antwortet
George endlich, „aber weiter im Westen, das wirst du noch auf deiner Reise
sehen, da bauen sie eine gute Straße zur Elfenbeinküste hin.“
Anneliese Schwarz: Akuabo – sei willkommen! dtv
1990, S. 9 f.
Die
„Tro-Tros“, die klassischen ghanaischen Buschtaxis, sind selten geworden und
für die Personenbeförderung offiziell inzwischen verboten. Es sind
vorsintflutlich anmutende, freundliche Monster. Ein englisches
„Bedford“-Chassis und ein wetterfester Holzaufbau, dessen heruntergezogenes
Dach sogar das Fahrerhaus gegen Sonnenstrahlen und Regenfälle schützt. Über
jeder Windschutzscheibe, auf einem Holzbrett handgemalt, ein Spruch mit Ewigkeitswert:
„No condition is permanent“, „God's time is the best“, „Unless...“, „Don't mind
your wife“, „Life has no spare part“, „Oh! Africa“, „1 love my car“ oder “One Love”.
Neuere
Kleinbusse sind deutscher oder japanischer Herkunft und häufig aus zweiter oder
dritter Hand importiert. Die meisten tragen noch die europäischen
Werbeschriften. Die den deutschen Sicherheitsvorschriften nicht mehr genügenden
Fahrzeuge werden häufig von geschäftstüchtigen Händlern beider Hautfarben in
Ghana verkauft. Lieferwagen werden oft auch von abgeschobenen Asylbewerbern
mitgebracht, zusammengespart während der Wartezeit in der Bundesrepublik
Deutschland als Kapital für die Zukunft.
Ein oder eine
„have been to“ - Afrikaner, die in Europa waren - gelten etwas und gehören zu
der neuen Generation erfolgreicher Mittelständler. Sie sind Busfahrer, betreiben
eine Videothek oder machen Werbung - notfalls für sich selbst. An der
Ortseinfahrt von Kumasi etwa liest man auf einem naiv gemalten Schild: »Dr.
Burger - lnternational Car Washing Specialist - specially trained in West Germany«.
Am Busbahnhof
in Accra, der marktähnliche Züge trägt, spürt man das ghanaische Überlebenstalent.
Die Menschen nehmen strapaziöse Reisen auf sich, wenn sie irgendwo ein Geschäft
wittern oder sich anderswo eine bessere Zukunft erhoffen. Man kommt ins Gespräch,
was bei den Wartezeiten und der großen Kontaktfreudigkeit der meisten Ghanaer
völlig problemlos ist.
Vielleicht
trifft man Aba, die Kenkey-Verkäuferin, die jeden Morgen um fünf Uhr ihre
Knödel aus gesäuertem Mais zubereitet, die sie dann in der Stadt verkauft,
wobei gerade soviel übrig bleibt, dass sie ihre sieben Kinder durchfüttern
kann. Früher wurden diese Knödel in Bananenblätter gewickelt, die die Umwelt
kaum belasteten. Heute wird häufig Frischhaltefolie verwandt, die in
Küstenorten mit jedem Regenguss über das offene Kanalsystem direkt ins Meer
gelangt und nicht nur das Schwimmen beeinträchtigt.
Oder man
trifft Felix Toya, den stadtbekannten Polizisten, der mit seinen schneeweißen
Handschuhen aus der Verkehrsregelung an seiner Kreuzung eine virtuose,
vielbestaunte Choreographie macht.
Vielleicht
lernt man auch Patience kennen. die am Busbahnhof ein deftiges Fufu aus Jams
zubereitet und die Konkurrenz des federleichten, teuren Weißbrots nicht
fürchtet.
Da ist Kotoko,
der Reifen flickt und mindestens 50 pannenfreie Kilometer garantiert; oder
Isaac, der Plastiktüten verkauft, um seine Schulhefte zu bezahlen. Neben ihm
steht vielleicht Ata, der Raubkopien von Kassetten verkauft. Vielleicht spricht
man auch mit Benjamin Mensah, dem Studienrat, der seine Familie von umgerechnet
150 Mark im Monat ernähren muss, die aber weit über dem Durchschnittslohn
liegen.
Und alle
sprechen - neben ihren afrikanischen Muttersprachen - ein hartes, manchmal nur
schwer verständliches Englisch mit einer einfachen Grammatik und vielen interessanten
Wortneubildungen.
Der Busbahnhof
ist ein Mikrokosmos, in dem der Reisende Ghanas wichtigstem Potential begegnet:
Menschen, die leiden und lachen und - überleben.
Die erste Phase des Wasserkraftprojektes am Volta war 1966 beendet.
Ende der siebziger Jahre wurde stromabwärts in Kpong ein zweiter Staudamm gebaut.
Der größte Teil der Elektrizität wird durch Wasserkraft erzeugt. Ein nicht
unbedeutender Teil dieser Energie wird exportiert.
Ghanas Hauptexportgüter sind Gold, Kakao und
Nutzholz. Importiert werden ebenfalls in erster Linie Rohstoffe, darüber hinaus
aber auch Maschinen und Nahrungsmittel. Seit der Unabhängigkeit ist die
Handelsbilanz im Allgemeinen defizitär, d. h. es wird mehr eingeführt als ausgeführt.
Wichtige Handelspartner sind Großbritannien, die Vereinigten Staaten, Japan und
Deutschland.
„Für die Marktfrauen sind vor allem die heutigen nationalen
Grenzen ein Hindernis. „So kann doch keine Versorgung sichergestellt werden“,
ruft Tina Osifeye aus. „Westafrikas Marktfrauen besitzen ein Verteil- und
Austauschsystem, das dem von modernen Multis ebenbürtig ist, doch das wollen
die Regierungen nicht wahrhaben. All das sei veraltet, meinen sie. Sind denn
Frauen veraltet? Sie haben vergessen, dass die Frauen zum Ganzen gehören, und
dass bei einer Modernisierung die Frauen nicht zum alten Eisen geworfen werden
können.“
Al Imfeld: Wir weinen nicht mehr, Afrika. Waldgut
1993, S. 17
„Wollt ihr mitkommen zu unserer Dorfbrennerei?“
lautete eines Sonntags gegen 7.00 Uhr morgens die Frage unserer Gastgeber in
Jumapo, einem Dorf in Ghana. Klar, dass wir als Steinhagener an einer
ghanaischen Brennerei Interesse hatten. Fast zwei Stunden wanderten wir in den
tropischen Regenwald hinein. Dann sahen wir eine kleine Hütte. In ihr standen
zwei Fässer, verbunden durch ein Rohr: eine Schwarzbrennerei, gut versteckt im
Regenwald.
Um Palmwein zu gewinnen, wird zuerst eine
Palmkrone abgeschlagen, etwas ausgehöhlt und mit einem brennenden Palmenholz
ausgebrannt. So soll das Eindringen von Insekten verhindert werden. Von unten
wird ein Loch in die Aushöhlung geschnitten. Darunter wird ein Tonkrug gestellt,
so dass der sich sammelnde Palmsaft ablaufen kann und aufgefangen wird. Aufgrund der Hitze fermentiert der Palmsaft
sehr schnell zu Palmwein, einem wohlschmeckenden, erfrischenden Getränk, das
von allen Dorfbewohnern begehrt wird.
Da die Woche über mehrere Krüge Palmwein gesammelt
worden waren, konnte Palmschnaps gebrannt werden. Zwei Fässer, eine
Rohrleitung, ein kleiner Wattefilter und ein Kanister genügten, um Alkohol zu
destillieren, der in dieser Form erheblich der Gesundheit derer schadete, die
ihn tranken.
Während des Wartens auf das
Destillat, spielten die Männer Owaree, ein beliebtes Bohnenspiel, das
kombinatorisches Denken fördert. Die
Frauen plauschten miteinander und versuchten später auch etwas Schnaps zu bekommen.
Ghanaische Kunst hat Tradition.
Die Holzfiguren der Ashanti
sind in der ganzen Welt genauso berühmt wie die von Männern handgewebten
Kentetücher, große Gewandtücher, die aus nur handbreiten Streifen zusammengenäht
werden. Jeder Stamm hat sein eigenes Muster. Das staatliche Museum in Accra,
seit einigen Jahren in einem schönen Neubau untergebracht, ist ein Paradies für
Liebhaber afrikanischer Kunst. Zeitgenössische Künstler bemühen sich mit
Erfolg, Traditionelles mit modernen Stilrichtungen zu verbinden.
Auf Ghanas größtem Markt für
Kunsthandwerk neben dem „Arts Centre“ in Accra arbeiten die Holzschnitzer
direkt vor Ort. Früher ein unscheinbarer Kleinmarkt, hat sich der Markt sowohl
im Umfang als auch in der Qualität sehr verändert. Hunderte von Händlern haben
sich hier inzwischen etabliert und verkaufen Kunsthandwerk des afrikanischen
Alltags. Die jeweiligen Preise müssen natürlich ausgehandelt werden. Afrikaner
handeln sehr gerne und erwarten, dass andere dies genauso gerne tun. Es gehört
zum Leben, dass man sich wacker schlägt.
Doch es reizt vor allem die
Volkskunst des Landes. Am Straßenrand arbeiten Maler, die auf Bestellung jedes
Motiv in einer Mischung aus spontan hervorgebrachten und kopierten Stilmitteln
darstellen. Überall findet man Künstler, die aus Holz, Blech oder Abfällen
Automodelle nachbauen.
In Teshi, einem Dorf 16
Kilometer östlich von Accra, kann man sich den eigenen Sarg bestellen:
holzgeschnitzt, buntbemalt und in jeder beliebigen Form. Wer zum Beispiel zeit
seines Lebens als Fischer hart gearbeitet hat, lässt sich in einem zwei Meter
langen, stabilen Boot mit zwölf Mann Personal beerdigen. Und wer sein Leben
lang von einem eigenen Auto nur geträumt hat, kann sich in einer hölzernen
Mercedes-Limousine beisetzen lassen. Umgerechnet 500 bis 2000 Mark zahlen die
Kunden für solche Statussymbole, die am Tag ihrer Beerdigung einen bleibenden
Eindruck hinterlassen sollen. Bis es aber soweit ist, stehen die Särge häufig
zu Hause in der guten Stube - Träume von einer Zukunft, die frühestens im
Jenseits Wirklichkeit werden kann.
„Akuaba“-Puppen
Die geschnitzten Holzfiguren mit kleinen stilisierten
Körpern und großen flachen Köpfen wurden von Frauen, die sich ein Kind
wünschten, auf dem Rücken getragen. Das Gesicht wurde entsprechend dem
Schönheitsideal der Ashanti geschnitzt, in der Hoffnung, dass das Kind genauso
hübsch werden würde.
Armreifen und Armringe sind sehr üblich in Ghana,
allerdings mehr im Norden des Landes. Manche sind aus Elfenbein geschnitzt, aus
Messing, Holz oder bemalten großen Perlen hergestellt. Sie werden als Schmuck
von Männern, Frauen und Kindern getragen. Die Art und Güte des Armreifens oder –rings lässt oft Rückschlüsse über
den gesellschaftlichen Status einer Person zu, z. B. als Häuptling oder
Medizinmann. Da ihre Muster oft auch Rückschlüsse zulassen, aus welcher
Großfamilie jemand stammt, haben sie einen besonderen Wert zur Gewinnung
kultureller Identität.
Kommunikation ohne Worte
Adinkra - Symbolsprache der
Ashanti
Kofi Adinkra, der Herrscher Gyamans (heute Republik Cote d’Ivoire),
raubte den Ashantis das heilige Symbol ihrer Einheit, den Goldenen Stuhl. Dies
führte 1818 zu einem Krieg. Die Ashantis gewannen und brachten aus Gyaman die
Adinkra-Technik mit.
Das Dorf Ntonso nahe Kumasi ist das Zentrum des Adinkra-Stoffdrucks.
Einige Drucker fertigen ihre Stempel selbst. Ihre Stoffe tragen dann
gewissermaßen die eigene Handschrift, denn die Motive können in ihren
Proportionen und im Ausdruck stark variieren. Die Adinkra-Stempel werden aus
Kalebassenbruchstücken hergestellt. Durch Gebrauch erhalten die Stempel nach
und nach einen festen Überzug schwarzer Stempelfarbe. Dies macht sie nicht nur
haltbarer, sondern lässt sie selbst zu kleinen Kunstwerken werden, wie viele
traditionelle afrikanische Gebrauchsgegenstände.
Nach der Einfärbung in der gewünschten Farbe wird der Stoff gereckt und
auf eine mit Jute überzogene Platte gespannt. Früher heftete man ihn direkt auf
eine saubere Bodenfläche. Die schwarze, teerähnliche Druckfarbe "adinkra
aduru" (Adinkra-Medizin) wird durch das Kochen der Rinde des Badie-Baumes
zusammen mit Eisenschlacken, "etia", hergestellt.
Der Stoff wird zunächst durch das Auftragen dünner, schwarzer
Parallellinien in Quadrate oder Rechtecke aufgeteilt, die anschließend die
Motive aufnehmen. Für diese Vorarbeit verwendet man ein kammähnliches Werkzeug
mit zwei oder mehr Zähnen, das in die Stempelfarbe getaucht und über den Stoff
gezogen wird.
Ein Stoff wird entweder nur mit einem Motiv oder mit einer Kombination
aus verschiedenen Motiven bedruckt: Der Käufer entscheidet, ob er sich auf eine
Aussage beschränken oder mehrere Botschaften vermitteln möchte.
Adinkra-Stoffe, die durch mehrfarbig gestickte Streifen unterteilt
sind, dienen häufig als Umschlagtücher. Vermutlich geht dies auf die Verwendung
gewebter Kente-Streifen zurück, eine Technik, die angewandt wurde, um Gewänder aufwendiger
und eleganter zu gestalten. Wegen der sehr hohen Preise für diese wertvollen
Kente-Streifen werden heute oftmals gestickte Stoffstreifen dazwischen genäht.
Kente - Mehr
als nur ein Stoff!
Kente, der Stoff, aus dem Ghanas Nationaltrachten gemacht werden, ist
immer ein von Hand gewebter Stoff mit vielen Farbkombinationen und
bedeutungsvollen Mustern.
Das Weben auf den oftmals sehr einfachen schmalen Webstühlen verlangt
hohes Können. Die nur handbreiten Streifen werden zu großen Stoffstücken
zusammengenäht, die sich früher nur Könige leisten konnten. Noch heute sind sie
reichen Ghanaern (oder ausländischen Touristen) vorbehalten.
Die besten Kente-Weber findet man in Ashanti, z. B. in Bonwire, und im
Voltagebiet. Aus Kpetoe nahe der Grenze zu Togo, stammen die von uns gezeigten
Kente-Stoffe.
Im kulturellen Zusammenhang ist Kente mehr als nur ein Stoff. Kente
repräsentiert visuell die Geschichte, die Philosophie und Ethik, die mündlich
überlieferte Literatur, politische Ideen und ästhetische Prinzipien.
Im Gegensatz zu Adinkra-Stoffen wird Kente zu fröhlichen Anlässen
getragen, wobei die Muster etwas über die Gemütslage des Trägers verraten.
ADWINASA: Ein Muster, in das alle anderen Motive eingegangen sind. Nach
Aussagen der Ältesten versuchte der Designer dieses Musters einen einzigartigen
Stoff zu weben, um den Ashantehene, den König der Ashantis, zu ehren. In seinem
ehrgeizigen Streben benutzte er alle damals bekannten Muster in einem Tuch.
ADWINASA symbolisiert Königswürde, Eleganz, Kreativität, hervorragende
Leistung, Reichtum, Perfektion und außergewöhnliche Handwerkskunst. Daher wurde
dieses Tuch als das qualitativ hochwertigste und prestigereichste angesehen und
exklusiv für Könige gewebt. Später trugen es auch reiche Personen mit hohem
Sozialstatus.
OBAAKOFO MIMU MAN: Bedeutet wörtlich übersetzt: Eine Person regiert
keine Nation. Es beschreibt das demokratische Regierungssystem der Akan und
warnt vor Alleinherrschaft.
Die neun gelborangen Quadrate/Rechtecke auf
schwarzem Grund symbolisieren MPUANKRON (neun Haarbüschel), ein besonderer
Haarschnitt königlicher Funktionäre, die den Regierenden bei Entscheidungen
halfen.
Anfang der sechziger Jahre wurde dieses Tuch
„FATHIA FATA NKRUMA“ genannt („Fathia ist eine passende Frau für Nkrumah“).
Nach dem Militärputsch gegen Nkrumah, dem ersten Präsidenten des unabhängigen
Ghanas, wurde die Bedeutung von MPUANKRON (partizipatorische Demokratie)
benutzt, um die vorherrschende politische Atmosphäre wiederzugeben.
Ghanas Küche
„Es ist ein klopfender Rhythmus, der aus dem Dorf
kommt, und den der Sand in unzähligen Stößen aufnimmt und bis hierher weiterleitet,
wie unzählige Pulsschläge. Frauen klopfen ihn, stampfen ihn mit fast menschengroßen
Holzstößeln in hölzerne Schüsseln, die auf dem sandigen Boden der Compounds
stehen. Sie bereiten Fufu, den täglichen Brei aus gekochten Kassabaknollen, zu
dem gleichzeitig die Soße aus ein wenig Gemüse und viel Pfeffer auf der Feuerstelle
kocht. Solange die Frauen im Dorf Fufu stampfen, werden die Menschen satt’,
hatte Schwester Franziska gesagt.“ A. Schwarz: Akuabo –
sei willkommen! dtv 1990, S. 49
Fufu:
Die Welt verdankt Ghana die Existenz des
Wortes „Fufu“, das oft auch „Foutou“, „Foufou“ oder „Foofoo“ geschrieben wird.
Fufu ist das Nationalgericht Ghanas. Aber, was ist das? Das klassische Fufu ist
eine hefeteigartige Masse auf Maniokbasis. Gekochte Maniokwurzeln und
Kochbananen werden in breiten Mörsern gestampft. Eine Variante besteht aus gestampften
Yams. Die Geschicklichkeit der zwei oder drei Frauen beim Stampfen ist
faszinierend. Oftmals wird man am frühen Morgen vom dumpfen Stampfen des Fufu
geweckt.
Fufu wird für
Fremde immer ein wenig rätselhaft bleiben. Doch es weckt Neugierde zum
Probieren. Häufig wird es sofort abgelehnt oder heiß geliebt, aber nicht immer
vertragen. Es kann sehr schwer im Magen
liegen.
Fufu muss mit
einer der scharfen Suppen gegessen werden. Man sollte es immer wieder
probieren, irgendwann schmeckt es bestimmt. Oftmals ist es für einen
Mitteleuropäer gar nicht so leicht, die unterschiedlichen Suppen und Soßen, die
mit Fufu gereicht werden, genau zu unterscheiden, denn zunächst nimmt er nur
ihren überaus hohen Pfeffer- und Chili-Gehalt wahr.
Die
Zubereitung von schmackhaften Suppen ist ein typisches Merkmal der ghanaischen
Küche. Nur der eigene Geschmack und der Geldbeutel entscheiden, ob Fisch,
Fleisch, Gemüse oder ein wenig von allem hineinkommt. Je mehr Geld man hat, desto
reichhaltiger wird die Suppe.
„Nkrakra“ oder
„Nkakra“ ist eine einfache klare Suppe, die täglich in Haushalten Ghanas
gekocht wird, weil sie sich sehr leicht und schnell zubereiten läßt. Für die
Palmkernsuppe „abekwan“ oder „abenkwan“ wird die Hauptkomponente aus der
Palmfrucht gewonnen. Die Frucht wird gekocht, gestampft und wieder gekocht. Der
entstandene Sud wird als Grundlage für die Suppe benutzt. Die Zubereitung ist
langwierig. Deshalb wird diese Suppe häufig am Sonntag gegessen. Dann nimmt
sich die Hausfrau viel Zeit, um etwas Ausgefallenes zu kochen, falls es die
Mittel der Familie erlauben. Mit geräuchertem Fisch oder Fleisch, garniert mit
Auberginen, mundet „abekwan“ besonders gut.
Wie so eine Suppe schmeckt, kann man nicht
beschreiben, man muss es einfach probieren, am besten bei guten Freunden, die
zur „Ghana-Soup“ eingeladen haben. Jeder Ghanaer wird sofort zustimmen, die
Erdnusssuppe („nkatekwan“) ist die beste. Erdnüsse werden gestampft, zu einer
butterartigen Paste gemahlen und mit kochendem Wasser aufgefüllt. Dann kommt
Geflügel oder Lamm hinein. Manchmal ist eine Kombination aus Fisch und Fleisch
auch ganz lecker. Das Ganze wird ungefähr eine halbe Stunde lang gekocht und
mit Tomaten, Zwiebeln und Pfeffer gewürzt. Diese Zutaten dürfen auch in allen
anderen Suppenarten nicht fehlen.
Andere Landesspezialitäten:
Selbst dort,
wo Fufu nicht die Nr. 1 ist, gibt es einen Fufu-Ersatz, der sich nur in Konsistenz
oder Inhalt unterscheidet.
Akple ist in der Voltaregion ein solches Gericht, in dem statt Maniok Mais
das Basisprodukt bildet. Im Norden Ghanas sind die beliebten Kokonte oder Tuwe
Zaft, kurz »TZ« genannt, ebenfalls nur Varianten. Sie werden alle mit scharfen
Suppen oder Soßen gegessen. Es ist sehr schwer, ihren unterschiedlichen Geschmack
zu beschreiben. Sie müssen vor Ort gegessen werden.
Omo Tuwe ist eine Reisspezialität aus dem Norden Ghanas, die landesweit sehr
beliebt ist. Sie besteht aus Reisbällchen und einer Gemüsesuppe, oft garniert
mit Eiern.
Was so simpel
klingt, ist in der Tat eine raffinierte Suppe mit Kräutern und Zutaten, die von
Haus zu Haus verschieden sind. Aber sie geben den Ausschlag, ob die Suppe
schmeckt oder nicht. Während Omo Tuwe im Norden traditionell abends gegessen
wird, bevorzugt sie der Südghanaer zum Frühstück.
Joloff, eine landesweite in einfachen Restaurants oft anzutreffende Reisspezialität,
schmeckt immer gut und ist sehr gut verträglich. Zunächst wird eine Soße,
bestehend aus in Öl gebratenen Zwiebeln und Tomaten, gekocht und mit
Muskatnuss, Pfeffer und Salz gewürzt. Dann kommt Rind-, Hammel- oder
Hühnerfleisch dazu, garniert mit Karotten, Erbsen oder Bohnen. Alles wird zu
einer zähflüssigen Soße verkocht, die mit viel Wasser gelöscht wird. In diesen
Sud wird Reis gegeben.
Hilfen zum Lesen einer Speisekarte
Akyeke: gedünstetes Maismehl, sieht aus und schmeckt
wie Cous-Cous, wird aber mit gebratenem Fisch gegessen.
Aprapransa:
Maiskloß in Palmkern-Suppe gekocht und mit
Krabben garniert.
Douala fish:
auf Holzkohlen gegrillte Schnapper mit einer
scharfen Gewürzsoße.
Epitsi: reife Kochbananen, gestampft und mit Ingwer,
Pfeffer und anderen scharfen Sachen gewürzt; wird in Blätter gefüllt und gegrillt.
Garifotc: Gari (Maniokmehl) mit kaltem Wasser angefeuchtet
und garniert mit Bohnen, Fisch und schwarzer Pfeffersoße.
Iambalaya: Fischsoße mit Zwiebeln und Tomaten.
Kelawele: Kochbananen-Chips in Öl gebacken.
Kenkey: Gesäuerte Maisbällchen in
Bananenblättern.
Khebat: Fleischspieß aus Ziegen-, Lamm- oder Rindfleisch.
Palaver Sauce: Spinat oder
ähnliches Blattgemüse mit ge-
räuchertem Fisch
Redred: Reife Plantains (Kochbananen) in Palmöl
gebraten und mit einer Bohnensoße serviert.
Watschie: Zwiebelreis mit schwarzen Bohnen
„Wir fahren wieder durch
kleine Siedlungen längs der Straße. Vor den niedrigen Lehmhäusern spielen die
Kinder; Frauen hocken an Holzkohlebecken, rösten Bananen. Die schon
tiefstehende Sonne wirft warmes Licht auf die so friedlich scheinenden Bilder,
die vor meinen Augen vorbeiziehen.“ Anneliese Schwarz: Akuabo – sei willkommen! dtv
1990, S. 29
„Kenkeballs“, sagt sie lachend zu mir und stellt die
Schüssel auf die Tischplatte. Die Männer erheben sich langsam, ziehen ihre
Stühle um den Tisch und bitten auch mich, Platz zu nehmen.
Teller werden ausgeteilt,
Messer und Gabel sind für mich vorbehalten.
Die Frau trägt eine zweite
Schüssel mit heißer roter Pfefferschotensoße auf und als letztes wohl das
Kostbarste, worauf die Männer voll Freude schauen, einen Teller mit Hammelbeinchen!
Für die Frau ist kein Platz am Tisch vorgesehen. Sie lehnt am Türrahmen,
lächelnd sieht sie zu, wie Father das Tischgebet spricht.
Wir füllen unsere Teller
mit Soße und einem Kenkeball. Nichtsahnend tauche ich die Gabel voll Kenke in
die scharfe Soße und führe sie zum Mund. Schon schießen mir die Tränen in die Augen.
Mit brennendem Hals und brennender Mundhöhle bewundere ich, wie geschickt die
anderen ein wenig Kenke mit den Händen zu einem Bällchen formen, und mit der
Vertiefung darin die Soße schöpfen und zum Munde führen.
Nun probiere ich es zum
Vergnügen der Umsitzenden auch mit den Händen. Doch die Soße kleckert unappetitlich
zurück, und ich greife wieder zur Gabel, die mir in diesem Augenblick wie eine
Krücke zum Essen erscheint.
Nach dem Essen reicht die
Frau, die die ganze Zeit über lächelnd an der Tür zugesehen hat, eine flache
Wasserschale herüber. Father taucht seine Finger zuerst hinein und wäscht sie
ab. Dann macht das Wasser die Runde am Tisch, wird von Mal zu Mal trüber. Auch
ein weißes Tuch macht die Runde, und ich werde selbstverständlich in diese
Gemeinschaft miteinbezogen. Mir gefällt diese gemeinsame Handlung.
Doch nun wird vom Aufbruch
gesprochen. Wir verlassen den engen Raum, ich gehe mit den Männern die breite
Treppe hinab. Zurück bleibt die Frau mit dem schmutzigen Geschirr und den
Essensresten.
Anneliese Schwarz: Akuabo – sei willkommen! dtv
1990, S. 59 f.
Fufu aus Ghana
Vorbereitung:
15 Minuten / Zubereitung: 45 Minuten
Zutaten:
300 gr. Grüne
Kochbananen
600 gr.
Cassaba
Zubereitung:
Kochbananen
und Cassaba in Stücke schneiden und ca. 15 Minuten kochen lassen. Die Stücke
unter Zugabe von wenig Wasser in einem Mörser stampfen, bis eine zähe Masse
entsteht. Mit feuchten Händen Klöße formen.
„Eine Frau tut immer mehr, als nur für sich selbst zu
sorgen.“
Al Imfeld: Wir weinen nicht mehr Afrika.
Waldgut, 1993, S. 16
Red Red mit gebratenen Kochbananen aus Ghana
Das Rezept ist
für vier Personen ausgelegt.
Vorbereitung:
50 Minuten / Zubereitung: 30 Minuten
Zutaten:
1 kg reife
Kochbananen (schön gelb)
500 gr.
Black-eye-beans (oder weiße Bohnen)
300 gr.
Tomaten
2 große
Zwiebeln
rotes Palmöl
(Pflanzenöl)
1 Brühwürfel
Salz und
Pfeffer
Zubereitung:
Die Zwiebeln
in kleine Würfel schneiden, anbraten und mit den in Würfel geschnittenen
Tomaten dünsten. Die Bohnen und den
Brühwürfel hinzugeben und ca. 30 Minuten dünsten. Dann mit Salz und Pfeffer
abschmecken.
Während dessen
die Kochbananen in Scheiben schneiden und im Palmöl knusprig braun braten. Die
möglichst warmen Bananenscheiben mit der Bohnensoße servieren.
"Suppe" mit Hühnerfleisch aus Ghana
Vorbereitung:
20 Minuten / Zubereitung: 30 Minuten
Zutaten:
1 Hühnchen
(klein)
2 grüne
Pfefferschoten
2 mittlere
Zwiebeln
500 gr.
Tomaten
½ l Wasser
Pfeffer, Salz
Zubereitung:
Die Zwiebeln
würfeln und mit den zerkleinerten Pfefferschoten anbraten. Das Hühnchen in
kleine Stücke schneiden, gegebenenfalls mit Knochen zu den Zwiebeln geben und
gut anbraten. Tomaten häuten, zerkleinern und mit dem Wasser dem Fleisch
beifügen. Das Ganze eine halbe Stunde einkochen lassen, bis die Suppe eine gute
Konsistenz aufweist, und mit etwas Stärke eindicken.
„Wer kocht, prägt das Wesen des Essers mit.“ (Flora Nwapa)
In: Al Imfeld (Hrsg.): Wir
weinen nicht mehr, Afrika. Waldgut, 1993, S
Ziegensuppe aus Ghana
Zutaten:
600 gr.
Ziegenfleisch
500 gr.
Tomaten
1 Zwiebel
2
Pfefferschoten
Palmöl
½ l Wasser
Salz, Pfeffer
Zubereitung:
Das
Ziegenfleisch, gegebenenfalls mit Knochen, und die gewürfelten Zwiebeln in
Palmöl anbraten. Mit Salz, Pfeffer und Pfefferschoten würzen. Tomaten häuten,
zerkleinern und mit dem Wasser dem Fleisch beifügen.
Das Ganze eine
halbe Stunde einkochen lassen, bis die Suppe eine gute Konsistenz aufweist, und
mit etwas Stärkemehl eindicken.
„Die Hälfte der Weisheit jedes Mannes stammt von
seiner Großmutter und Mutter. Und wenn er dumm ist, dann auch wegen seiner Großmutter
und Mutter.
Und wenn der Mann Einfluss
gewinnt und mächtig wird, ist es auch die Großmutter und Mutter. Der spätere
Alltag des Mannes ist die Fortsetzung des Alltags von zuhause.“
„In keinem sozialen System gibt es das Gute von
selbst. Ob Patriarchat oder Matriarchat: Frauen und Männer sollen das Sagen
haben, beide sind verantwortlich und in der Ausübung von Herrschaft
gleichberechtigt.“ (Zaynab Alkali, nigerianische Schriftstellerin)
In: Al Imfeld: Wir weinen nicht mehr Afrika. Waldgut,
1993, S. 11
Frauen spielen als Ehefrauen und Mütter eine sehr
wichtige Rolle in der Struktur der afrikanischen Gesellschaft. In Ghana haben
traditionell besonders die Marktfrauen wirtschaftliche und auch politische
Macht.
Heute setzen sich einzelne Ghanaerinnen auch mit
ihren männlichen Gegenübern in leitenden Positionen im Geschäftsleben und der
öffentlichen Verwaltung auseinander.
Besonders die sogenannten „have been to...“, die
Frauen, die in Europa oder Amerika waren und/oder dort ausgebildet wurden,
gelangen häufig in gute Positionen im Wirtschaftsleben.
Es gibt (noch viel zu) wenige Frauen als
Rechtsanwältinnen, Richterinnen und Pastorinnen. Relativ viele Frauen arbeiten
als Lehrerinnen und Krankenschwestern. Als Stenotypistinnen und Sekretärinnen
finden viele einen Job.
„Eine Mutter überlegt, ob
sie ihr Neugeborenes stillen will. Sie hat einen Job als Kassiererin, nicht
sonderlich befriedigend, aber leidlich bezahlt. So stillt sie so schnell wie möglich
ab, und das Kind wird auf Flaschen umgewöhnt. Fortan heißt es, Babynahrung
kaufen, Fläschchen kochen und nachher sterilisieren. Nehmen wir als Idealfall
an, dass der Mann das alles machen kann und will. Die eigentlichen Kosten
kommen dennoch, z.. B., das Kind wird wegen Mangel der mütterlichen Abwehrstoffe
krankheitsanfälliger, hat häufig Bauchweh und raubt beiden Eltern den Schlaf.
Laufende Arztbesuche folgen, vielleicht eine Kur. Und Tagesmutter oder Kinderkrippe
müssen bezahlt werden. Dem Bruttosozialprodukt, das vom Bauchweh und den
schlaflosen Nächten nichts merkt, hätte nichts Besseres passieren können als
die Entscheidung der Mutter für den Beruf.
Das Bruttosozialprodukt
misst im Wesentlichen all das, was mit Erwerbsarbeit erwirtschaftet oder
saniert wird. Das genannte Beispiel beweist, dass ein Weniger an Bruttosozialprodukt
oder an Erwerbsarbeit mit einem Mehr an tatsächlichem Wohlergehen und Lebensbefriedigung
verbunden sein kann. Kleinkindern und der Umwelt geht es dann am besten, wenn
sie im Bruttosozialprodukt (fast) gar nicht in Erscheinung treten. Sollte es
gelingen, systematisch mehr Umweltqualität, weniger Krankheit und weniger
Zerstörung mit weniger Erwerbsarbeit zu erreichen, so hätte man offenbar mehr
Wohlergehen oder auch mehr Wohlstand mit weniger Bruttosozialprodukt erreicht.“
Ernst Ulrich von Weizsäcker: Erdpolitik. 1994, S.
251 f.
„Wer jedoch eine Wirtschaft ohne Frauen plant – und
das passiert leider heute in den meisten Teilen Afrikas – der läuft geradewegs
in die Katastrophe hinein.
Afrika kann nur mit Hilfe der Frauen wieder wirtschaftlich gesunden,“ sagte Frau Osifeye bereits 1976.“
In: Al Imfeld: Wir
weinen nicht mehr, Afrika. 1993, S. 17
„Mir begegneten noch viele
Frauen mit riesigen Feuerholzbündeln auf dem Kopf. Ihren fast täglichen Gang in
den Busch werden sie wohl noch viele Jahre machen.
Und ich werde in
Deutschland sein und muss nur den Schalter drehen oder den Knopf drücken, um
das Teewasser zum Kochen zu bringen.“
A.Schwarz: Akuabo –
sei willkommen! Reise in ein Dorf in Ghana. dtv 1990, S. 151
Ama Ata Aidoo (Ghana) wurde 1942 geboren. Sie studierte Englisch an der
University of Ghana in Legon, unterrichtete an der University of Cape Coast, war
1982-83 Erziehungsministerin Ghanas und wandte sich schon früh der Literatur
zu.
In ihrer
Kurzgeschichte „Morgenstund’“ schreibt sie:
„Wie kommt es denn eigentlich, dass wie abgelegen und
vergessen eine ländliche Klinik auch sein mag, zwei Dinge unweigerlich in
rauhen Mengen vorhanden sind: Flugblätter und Proben zum Schlankwerden und
Mittel zur Empfängnisverhütung? Oder? (...) und für Hospitäler wie dies hier
hätten wir natürlich nie einen Mangel an Medikamenten, wenn es Verhütungsmittel
wären, die wir allen Patienten geben könnten, selbst Männern und Kindern, mit
der Aufforderung, diese dreimal täglich vor dem Essen zu nehmen.
Und derweil verhält sich unsere Regierung genauso wie
ein professioneller Bettler. Sie hat gelernt, wie man wirklich bettelt. Oberste
Regel ist: Akzeptiere, was dem Gebenden lieb ist. Und die Regierung weiß ganz
genau, dass den Gebenden eines wirklich besonders am Herzen liegt: Es sollte
nicht zu viele von uns geben.
Opokuya hatte ziemlich gründlich über die Politik von
Bevölkerungskontrolle und Dicksein nachgedacht. Sie war zu der Überzeugung
gelangt, dass die Art und Weise, wie mit Bevölkerungskontrolle, besonders für
Afrikaner, umgegangen wurde, schlichtweg erschreckend war. Jemand, der ein so
starkes Interesse daran hat, dass du keine Kinder produzierst, kann ganz sicher
auch kein Interesse an deiner Gesundheit oder deinem Wohlergehen haben, und
auch nicht an dem deiner Kinder.“ In: Töchter Afrikas. Piper 1994, S. 178 f.
“Ich bin eine Intellektuelle. Einst sah ich mein
Studium und die anschließende Büroarbeit in der Stadt als Emanzipation an. Ich
wollte mir die Hände nicht mehr schmutzig machen. Kochen war für mich eine
minderwertige Arbeit, die nicht zu einer Intellektuellen passt. Der Haushalt
war für mich ein Abbild der Rückständigkeit, Emanzipation war Entwicklung und
Fortschritt. Fortschritt gab es nur in der Stadt, und die sollte ein Abbild des
westlichen Lebens sein.
So ging das weiter, bis ich eines Tages einsehen
musste, dass ich als intellektuelle und relativ wohlhabende Frau weder emanzipiert
noch Frau war. Ich hatte mich und das Frausein verleugnet. Da ich wichtige
Tätigkeiten weggeschoben hatte, verlor ich Einfluss in der Gesellschaft. Statt
aktiv zu sein und mitzugestalten, hatte ich mich an das scheinbar Mächtige gehängt
und war so eher eine Kurtisane der Macht geworden. Nun weiß ich, dass das nicht
der Weg sein kann. Ich habe zurückgefunden zum großen Respekt gegenüber der
Bäuerin, der alten Mutter, die Kinder versorgt, der Frau, die kocht, der Frau,
die unscheinbar im Haushalt wirkt. Warum sollte der Haushalt oder der Hinterhof
nicht genauso wichtig sein wie der Markt oder das Parlament? Es gehört zum
Wesen unserer Zeit, dass wir bestimmte Dinge maßlos überschätzen und andere
gering schätzen. Das Wichtigste im Leben von Menschen ist ihr Alltag. Dies zu
wissen, gehört zum Kern der Frauenfrage.“ (Flora Nwapa)
In: Al Imfeld
(Hrsg.): Wir weinen nicht mehr, Afrika. Waldgut, 1993, S. 12 f.
„Dunkel schimmernd zieht das Wasser träge am Ufergras
vorbei. „Hast du bemerkt, wie das Wasser die Wirklichkeit spiegelt?“ fragte sie
mich. „Nur, wer in diese Wirklichkeit hineinspringt, wird nass!“ lachte Anne.“
Anneliese Schwarz: Akuabo – sei willkommen! dtv
1990, S. 83 ff.
„Es hat etwas Beschämendes, das, was das Volk liebt,
nicht zu lieben, man steht nicht gern außerhalb. Aber es wäre feige, für etwas
zu schwärmen, nur weil die Masse es tut, obwohl man es eigentlich widerlich findet.“
„Die reichen Leute stiften gerne etwas. Aber gebaut
werden muss für ihr Geld – damit ihre Güte ein unvergängliches Denkmal habe.“
„In Ghana bleibt niemand lange allein, es findet sich immer jemand, der sich um einen Kranken kümmert.“ Anneliese Schwarz: Akuabo – sei willkommen! dtv 1990, S. 152
„Die größeren Kinder schleppen ihre Geschwister auf
dem Rücken, setzen sie ab, wollen mit mir reden, mich berühren. Sie probieren,
wie sich meine rosa Haut an den Armen anfühlt und mein kurzes blondes Haar.
So viele warme,
verschwitzte Kinderhände an meinem Körper! So viele dunkle Gesichter mit
leuchtenden Augen, ganz nah! Und wie sie staunen, als wäre ich ein Zootier, das
englisch spricht.“ Anneliese
Schwarz: Akuabo – sei willkommen! dtv 1990, S. 41
„Im Prozess des interkulturellen Lernens lohnt es
sich, nicht nur die Unterschiede, sondern auch die Gemeinsamkeiten zwischen
Afrika und Deutschland anzuschauen. Nur Phänomene, die gesellschaftlich
ähnliche Funktionen haben, können mit Erfolg übertragen werden.“
Diana Violette Bonnelame: Sie haben sich verändert.
Eine Afrikanerin beobachtet deutsche Frauen nach ihrer Rückkehr. In: Gabriela
Mönnig (Hrsg.): Schwarz Afrika der Frauen. 1989, S. 279
„Und hörst du auch fremde
Länder und Kontinente erklingen, Du kannst ja gar nicht aus deinem Kreise springen.“ (André
Germain)
Ghanaische Sprichwörter:
Wer Krabben fangen will,
muss seinen Hintern in die Luft recken.
Antilopen laufen immer zu
zweit, damit sie sich gegenseitig den
Dreck aus den Augen pusten
können.
Was schnell kommt,
verschwindet auch schnell.
Wer sich für sehr
zivilisiert hält, sagt sogar der Ziege „Guten Tag“.
Wer in die Augen eines
Toten guckt, wird bestimmt einen Geist sehen.
Das Pferd mag verrückt sein,, der Reiter aber noch lange nicht.
Das Huhn weiß, dass der Tag anbricht, lässt jedoch den Hahn krähen.
„In Amerika hat der Rassenhass abscheuliche Dimensionen.
Der Neger soll kulturell auf einer tieferen Stufe als wir stehen, deshalb wird
er nicht anders als ein Hund behandelt.
Wir sehen unsern
sympathischen jungen Freund an und müssen den Kopf schütteln. Warum wäre
Schande, am selben Tisch mit ihm zu sitzen? Nach und nach wird es ein bisschen
komisch, wenn wir uns auf unsere ‚Kultur’ so besonders viel einbilden, nach allem,
was schließlich vorgefallen ist.
Das Negerproblem ist für
Amerika ein sehr ernstes. Mit Schrecken sieht man auf die unheimliche
Fruchtbarkeit der Schwarzen. Man erkennt die jüngere, die vitalere Rasse.
Welche Gefahr wächst hier den Weißen herauf? Angst mischst sich in die Verachtung,
mit der der Weiße dem Dunkeln begegnet.
Diese Verachtung ist
stupide als Ausweg. Wer sich gegen etwas Nachrückendes stellt, muss feige sein
oder dumm.
Fremde Rassen – schwarze,
braune oder gelbe – verachten, ist reaktionär, weil die Zukunft den gemischten
Rassen gehört.
Die Menschheit des nächsten
Jahrhunderts wird lachen, wenn sie denkt, dass einmal weiße Männer schwarze unter
sich stellten. Achten wir doch die Zeichen! Die Zeit bereitet sich vor, da
Rassenunterschiede ebenso wenig gültig wie Klassenunterschiede sein werden.
Diese Zeilen schrieben Erika und Klaus Mann in ihrem Buch Rundherum. Abenteuer einer Weltreise, die sie im Alter von 21 und 22 Jahren 1927 unternahmen. Das Buch erschien im Rowohlt Taschenbuchverlag in der 26.-28. Tausendsten Auflage 1988.
„In der Belletristik kamen
gute Bücher erst nach der Unabhängigkeit Ghanas heraus. Die schreibende Zunft
ist in Ghana klein geblieben, bis heute sind es nicht mehr als etwa 50 Autoren,
die mehr schlecht als recht versuchen, ihre Begegnung mit diesem Planeten auf
ihre Weise zu dokumentieren. Wahrscheinlich sind sie so wenig, weil man in
einem Land, in dem immerhin noch knapp die Hälfte der Bevölkerung nicht lesen
und schreiben kann, kaum mit Bücherschreiben seinen Lebensunterhalt verdienen
kann.“ Jojo Cobbinah: Ghana. Peter Meyer, 1995, S.
181
Schriftsteller: Dichter:
Cameron Duodu Atukwei
Okine
Ayi Kwei Armah Ellis Ben Smith
Meschack Asare A. Kayper-Mensah
Kobina Eyi-Aquah
Generell ist anzumerken, dass vergleichsweise
sehr wenig Werke von afrikanischen Autoren, noch weniger von ghanaischen
Autoren ins Deutsche übersetzt werden. Drei Übersetzungen aus dem Ghanaischen
sind:
Ayi Kwei Armah: Die Schönen sind noch nicht geboren.
Ullstein 1982
Meschack Asare:
Kwadjo und das Trommelmännschen.
Tawia geht zum Meer.
Lesen, das ist die Beschäftigung mit der
Menschenseele. (Thomas Mann, 1875-1955)
Lesen ist die Möglichkeit, mehr als ein Leben zu
leben, ohne mehr als einen Tod zu sterben. (Marion Zimmer Bradley)
„Jeder Tag in Ghana
war für mich ein Erlebnis. Es ist eigenartig, wir werden als Entwicklungshelfer,
als Lehrer und als technische Besserwisser aus den industrialisierten Ländern
dorthin geschickt, und zurück kommen wir selbst als reich Beschenkte.“
Heidrun
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